Judith & Christian Vogt: Ich, Hannibal - Rom wird vor ihr erzittern (Buch)

Judith & Christian Vogt
Ich, Hannibal - Rom wird vor ihr erzittern
Piper, 2024, Paperback, 432 Seiten, 17,00 EUR

Rezension von Christel Scheja

Judith und Christian Vogt gehören zu den Autoren in der Fantasy-Szene, die immer wieder neue Wege gehen und die üblichen Konventionen durchbrechen. Schon in „Schildmaid“ zeichneten sie ein ganz anderes Bild der Wikinger aus weiblicher Sicht, nun ist eine der bedeutsamsten Epochen der römischen Geschichte an der Reihe, wie „Ich, Hannibal - Rom wird vor ihr erzittern“ beweist.


Um dem schwelenden Konflikt zwischen Karthago und Rom ein Ende zu bereiten, bricht der Feldherr Hannibal mit einem riesigen Heer auf, um die feindliche Stadt zu erobern. Doch hinter der Maske versteckt sich jemand ganz anderes - seine Mörderin.

Diese schickt ihre beste Jägerin aus, um noch mehr Bestien zu unterwerfen, mit denen sie den Krieg gewinnen will.

Derweil führt die junge Witwe Fulvia einen verzweifelten Kampf gegen die Willkür der Männer in der eigenen Stadt…


Es gibt inzwischen sehr viele historische Romane, die die Punischen Kriege aus der Sicht der Karthager, der Römer und auch anderer erzählen, aber bisher keinen, der das Ganze mit einem gehörigen Schuss an Mythologie und Feminismus vermischt. Denn die Autoren bauen nicht nur die Kreaturen ein, die Leser aus der griechischen und römischen Mythologie kennen und lassen diese entscheidend für den Kriegsverlauf werden, sie erzählen das Geschehen auch aus weiblicher Sicht.

Während Hannibal selbst eher eine schattenhafte Gestalt bleibt, erlebt man wesentlich mehr Abenteuer der numidischen Bestienjägerin Tamenzut mit, sieht aus ihrer Sicht auch das, was der Krieg mit den Menschen selbst macht, seien sie nun Täter oder Opfer.

Und nicht zuletzt bietet eine Handlungsebene auch Einblicke in die römische Gesellschaft, in der eine Frau mehr oder weniger rechtlos ist, wie es auch die Patrizierin Fulvia zu spüren bekommt. Daher erlebt man auch weniger Triumph, Erfolg und Ruhm mit, sondern eher die Schattenseiten der Kämpfe, in denen vor allem Frauen, Kinder und Alte die Verlierer sind, ebenso wie die patriarchalische Welt der Antike, in der Frauen nur wenige Möglichkeiten haben, das zu sein, was sie sein wollen und selbst in bedeutenden Positionen immer wieder Intrigen ausgeliefert sind.

Die Schilderungen sind nüchtern, oftmals brutal, aber sie wirken durch ihren schonungslosen Realismus auch noch eine ganze Weile nach. Die Hauptfiguren haben Ecken und Kanten, sie ragen aus der Masse vieler heutiger Heldinnen heraus, weil sie auch manchmal unpopuläre Entscheidungen treffen.

Alles in allem erkennt man den historischen Verlauf des Krieges durchaus wieder, mehr Aufmerksamkeit legen die Vogts aber auf eine interessante und erstaunlich realistische Darstellung der verschiedenen Menschen und der Kultur, in der sie leben, vermischt mit den Auswirkungen, die die Schlachten und Kämpfe auf alle haben. In dieser Hinsicht haben sie ausgezeichnet recherchiert. Die vielen magischen Kreaturen sind dann auch noch das Tüpfelchen auf dem I und verleihen allem eine besondere Note.

„Ich, Hannibal - Rom wird vor ihr erzittern“ definiert eine der bedeutsamsten Epochen in der Historie Roms neu. Nicht nur Fantasy-Elemente werden durch die mythischen Kreaturen hinzugefügt, die Geschichte bringt auch frischen Wind in das Geschehen, da sie alles aus einer ganz anderen Sicht und Gewichtung erzählt als alle anderen Autoren vorher und so auch auf Themen aufmerksam macht, die auch heute noch bedeutsam sind.