Colin Wilson: Der Stein der Weisen (Buch)

Colin Wilson
Der Stein der Weisen
(The Philosopher‘s Stone, 1969)
Übersetzung: Andreas Decker
Festa, 2024, Hardcover, 490 Seiten, 36,99 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Es gibt Menschen, die die Welt verändern. Es sind Einzelne, die die Gabe in sich tragen, mit ihrer Intelligenz neue Wege zu erschließen, neue Herangehensweisen zu erproben und neue Erkenntnisse zu gewinnen.

Howard Lester, der Ich-Erzähler des vorliegenden Buchs, ist ein solcher, rarer Mensch. Aus einer verarmten, einfachen Familie stammend, erschließt sein Intellekt ihm zunächst die faszinierende Welt der Mathematik und über diese dann einen Gönner, der ihn in die Welt der Forscher und Denker einführt.

Seine Studien hat er größtenteils abgebrochen, seine Forschungen, in denen es um die Verlängerung der menschlichen Lebensspanne geht, führt er in Zusammenarbeit mit anderen Gelehrten durch. Er ist der festen Überzeugung, dass die Menschen nur deshalb sterben, weil sie sich langweilen und innerlich aufgeben.

Ihre Forschung führt die Wissenschaftler zu der Erkenntnis, dass eine erst kürzlich entdeckte Legierung, die ins Gehirn eingesetzt wird, dazu führt, die Geisteskräfte immens zu steigern und die physische Geschichte von Dingen und Objekten zu lesen. Als zunächst bedeutsamste Entdeckung mit Hilfe dieser Kräfte bleibt, dass Shakespeares gefeierte Werke von Bacon geschrieben wurden. Anschließend wendet Howard sich Stonehenge, Chichen Itza oder dem Voynich-Manuskript zu.

Später stoßen die Forscher, die sich selbst der Operation unterzogen haben, auf die Tatsache, dass die Menschheit von den Großen Alten erschaffen wurde…


Was ist dies für ein Buch, das uns Colin Wilson, der uns insbesondere durch seinen Roman „Die Seelenfresser“ bekannt ist, hier vorlegt?

Ein Buch, das bis weit über den Mittelteil hinaus, kaum eine wirkliche Handlung aufweist. Erstaunlicherweise aber, gelang es Wilson mich trotzdem zu faszinieren. Seitenlang führt er seine philosophischen Gedankengänge über das Altern, das Sterben und letztlich die menschliche Existenz aus. Hier schwingt ein Verfasser die Feder, der ein intelligenter Denker ist. Man muss seinen Thesen und Schlussfolgerungen bestimmt nicht unbedingt beitreten, interessant ist die Auseinandersetzung mit seinen Hypothesen, seine Referenzen und Zitaten, sowie deren Einordnung in die vorgetragene Sichtweise auf jeden Fall.

Allerdings wird der Leser, der üblicherweise zu der Festa-Reihe um Lovecraft greift, hier zu wenig Genre-Ansätze finden. Es geht hauptsächlich um Philosophie, wenig und erst ganz zum Schluss hin, um die Großen Alten.

Unser Erzähler selbst wirkt arrogant, dann wieder unsicher, ist ganz bestimmt kein Protagonist, der uns als Figur fasziniert. Man muss sich auf die Gedankengänge einlassen, muss oftmals auch die Zitate und Zitierten nachlesen, um hier den Ausführungen folgen zu können, sprich, der Text fordert uns. Das ist ganz entscheiden keine einfache, rasante Lektüre. Das hat Tiefe, wirkt immer wieder einmal entrückt, ja abstoßend, dann wieder faszinierend und intelligent.

Die Auflage des ohne ISBN erscheinenden Buchs ist limitiert und nur über den Verlag erhältlich. Leser, die die Tour de Force fürs Gehirn interessiert, sollten nicht zu lange warten, sonst ist die Auflage vergriffen.