Edward Kruger: Stoltz - das Attentat (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Montag, 01. April 2024 15:43
Edward Kruger
Stoltz - das Attentat
Sein erster Einsatz
8 grad, 2024, Hardcover, 312 Seiten, 24,00 EUR
Rezension von Christel Scheja
Eigentlich arbeitet Edward Kruger als Ghostwriter, verfasste Biographien und Sachbücher, doch nun hat er sein Interesse für historische Begebenheiten aus dem Südwesten Deutschlands in seinen ersten Kriminalroman gepackt. „Stoltz - Das Attentat“ spielt in Stuttgart, der Hauptstadt des Königreichs Württemberg im Jahr 1857.
Landjäger-Leutnant und Polizeipräfekt Martin Wulberer ist in Not, denn nun soll seine „Abteilung für besondere Aufgaben“ endlich einmal zum Einsatz kommen. Pech nur, dass diese bisher nur auf dem Papier besteht, weil er sich mit den Zahlungen bisher sein Gehalt aufgebessert hat. Aber die hohen Gäste aus dem Ausland, die König Wilhelm erwartet, brauchen natürlich guten Schutz.
So nutzt Wulberer die Gelegenheit um den in die Heimat zurückgekehrten Richard Stoltz zu zwangsrekrutieren. Eigentlich wollte der nur ein paar Dinge aus seiner Vergangenheit klären, nun aber muss er mit seinen Erfahrungen als Pinkerton-Detektiv in die Bresche springen und die Verschwörer und Attentäter aufhalten - ein gefährlicheres Unterfangen als gedacht.
Auch wenn nach dem Revolutionsjahr 1848 wieder Ruhe in den verschiedenen Fürstentümern und Königreichen auf dem Gebiet des ehemaligen Heiligen Römischen Reiches eingekehrt ist, und jeder Aufstandsversuch sofort niedergeknüppelt wird, so brodelt es doch unter der Oberfläche und könnte bei dem freundschaftlichen Treffen gekrönter Häupter in Stuttgart eskalieren, auch wenn die Besuche von Zar Alexander II. und Napoleon III. eher privater Natur sind.
Ein Beamter, der sich bisher auf seine Position ausgeruht hat, muss nun leider aktiv werden, wenn er nicht selbst im Gefängnis landen will, und sucht sich deshalb einen fähigen Mitarbeiter. Und das ist ausgerechnet Richard Stoltz, den er gleich am Wickel packen kann, wird der ehemalige Revoluzzer doch immer noch gesucht, hat aber durch seine Jahre als Pinkerton-Detektiv viele Erfahrungen, die seinen Leuten fehlen. Und so treffen moderne und veraltete Ermittlungsmethoden aufeinander, lassen den Leser tief in die damalige Zeit mit all ihren Seilschaften und Intriganten eintauchen.
Neben einem geschickt konstruierten Fall, der niemals langweilig wird und immer wieder neue Facetten enthüllt, viele Verdächtige in den Raum stellt und sogar eine gewisse politische Dimension entwickelt, kommt auch das Ambiente nicht zu kurz. Denn natürlich stehen Stoltz und sein Freund Aristide schon für die neue Zeit und achten auch die Fähigkeiten derjenigen, die in der konservativen und oftmals kleingeistigen Gesellschaft Deutschlands keine Chance hätten, für die Wulberer stehen darf. Alles in allem sind die Figuren gut ausgearbeitet und schaffen es auch, sich im Verlauf der Handlung weiterzuentwickeln.
Heraus kommt ein Buch, das nicht nur flott geschrieben ist sondern auch einen interessanten Einblick auf das Leben in der Mitte des neunzehnten Jahrhundert in einem der kleineren Herrschaftsgebiete Deutschlands erlaubt, in denen die Zeit noch anders abläuft als in den bereits ausgeprägten Nationalstaaten drumherum. Man merkt, dass der Autor ausgezeichnet recherchiert hat, auch wenn er sich bei der einen oder anderen Entwicklung ein paar Freiheiten erlaubt hat, wie man aber problemlos in dem Nachwort nachlesen kann.
Das Buch ist in sich geschlossen, aber es gibt genügend Hintertürchen, die neugierig auf mögliche Fortsetzungen machen können.
„Stoltz - das Attentat“ überzeugt als Historischer Kriminalroman nicht nur durch seine interessante und gut durchdachte Handlung, die immer wieder neu zu überraschen weiß, sondern auch durch das gelungene Ambiente, das die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts in einem der kleineren Herrschaftsgebiete in Deutschland mit viel Ambiente zum Leben erwecken weiß.