Jim Butcher: Titanenkampf - Die dunklen Fälle des Harry Dresden 17 (Buch)

Jim Butcher
Titanenkampf
Die dunklen Fälle des Harry Dresden 17
(Battle Ground, 2020)
Übersetzung: Oliver Hoffmann
Blanvalet, 2024, Taschenbuch, 592 Seiten, 12,00 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Willkommen in Windy City - Chicago, gemeinhin als Hauptstadt des Jazz bekannt, eine US-Metropole, die einen Wächter hat. Das bin ich - gestatten, Harry Blackstone Copperfield Dresden, Magier, Vater einer bezaubernden Tochter, Ritter des Winters, Hüter von Geheimnissen, Artefakten und Ungeheuern und Mitglied - zumindest noch - des Weißen Rats.

Dumm dabei, dass Chicago, also meine Stadt. gerade von einer Urgewalt heimgesucht wird. Eine waschechte Titanin, die letzte ihrer Art, bläst zur Vernichtung der Menschheit - und raten Sie einmal, wo sie mit ihrem Feldzug beginnen will? Richtig, genau hier, in meiner Stadt.

Eine ungewöhnliche, eine noch nie dagewesene Allianz zur Verteidigung Chicagos hat sich gebildet: der Winterhof mit Mab und Molly, der Sommerhof, einige Engel, der weltliche Unterweltboss, Vampire, Götter, Walküren und Werwölfe und, ja auch ganz normale Menschen streiten an meiner Seite - und ganz ehrlich, wir haben eigentlich keine Chance.

Als dann die Liebe meines Lebens bei den Kämpfen umkommt, ist endgültig Schluss mit lustig!

Man hat mir das Zweitliebste auf der Welt genommen, mehr noch, auch meine Tochter ist in akuter Gefahr – merke: Niemand, absolut niemand, auch nicht eine scheinbar allmächtige Titanin will, den Zorn von Harry Blackstone Copperfield Dresden wecken, denn dann wird es ernst…


Der zweite Teil, des für die Veröffentlichung auch im Original gesplitteten Romans, der eigentlich die Handlung um Harry Dresden zu einem triumphalen Ende führen sollte, liegt vor.

Bevor wir uns diesem Band widmen, noch ein Hinweis; Jim Butcher hat auf seiner Website mitgeteilt, dass zwei weitere Romane um unseren Magier unter dem Titel „Twelve Months“ und „Mirror, Mirror“ in Vorbereitung sind - einen fixen Publikationstermin gibt es, auch in den USA, noch nicht.

„Titanenkampf“ hat mich überrascht. Der Roman führt natürlich, die Handlung um den Angriff auf Chicago, die Bedrohung durch die Titanin, zu einem Ende. Die Art und Weise aber, wie Butcher uns diese Lösung kredenzt ist - ungewöhnlich.

Ich hatte meinen Harry immer als ein kleines Schlitzohr im Kopf. Ein Mann, der sich oft und gerne zwischen alle Stühle setzte, der für ein wenig mehr Gerechtigkeit kämpft, dabei aber unnötige Gewalt verabscheut. Nun, in „Titanenkampf“ geht es, ganz dem Titel folgend, nur um eines: eine Aneinanderreihung von Kampfbeschreibungen.

Da wird gefightet, was das Zeug hält, da werden Menschen und Übernatürliche getötet - auch ein ganz herber Verlust trifft Harry -, dass wir durch Seen von Blut und abgetrennten Gliedmaßen waten.

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Das ist durchaus spannend, wirkt aber in der Massierung der Kampfbeschreibungen bald ein wenig eintönig, ja zäh. Es bleibt schlicht keine Zeit für Reflektion, für Trauer, für Einordnung der Gewalt. Es wird geschlachtet, dass Ströme von Blut die Straßen Chicagos entlanglaufen. Die Motivation - insbesondere einiger derer, die der Titanin beistehen - bleibt dabei rudimentär, die Antagonisten konzentrieren sich in einigen ganz wenigen Figuren.

Das ist weit von den ersten Bänden der Saga entfernt, erinnert ein wenig an den Kampf Harrys gegen den Roten Hof, nur dass vorliegend die Gewaltdarstellungen noch plakativer ausfallen. Zwar hat der Plot durchaus Faszination, für mich allerdings mehr in den Details, die Butcher im Hintergrund einfließen lässt. Hier werden einige Geheimnisse, Bündnisse und Figuren neu platziert und beleuchtet, ohne dass dies für den Kampf aber von wirklicher Bedeutung ist.

Beigegeben hat der Verlag dem Buch dann noch eine anrührende Weihnachtsgeschichte um Harry, die so gar nicht zum martialischen Roman passen will.

Fans der Reihe werden den Roman sicherlich lesen, ob sie aber wirklich begeistert sein werden, das wage ich zu bezweifeln. Zu weit hat sich unsere Hauptfigur von dem entfernt, für das sie einmal stand, zu sehr stellt der Autor dieses Mal die Gewalt ins Zentrum. Das ist schlicht nicht mehr wirklich mein Magier, auch wenn man seine Motivation, zumindest ein wenig, nachvollziehen kann.