Stefan Gemmel: Die Zeitensegler – Schattengreifer (Buch)

Stefan Gemmel
Die Zeitensegler
Schattengreifer 1
Titelillustration von Götz Rohloff
Baumhaus, 2009, Hardcover, 288 Seiten, 14,99 EUR, ISBN 978-3-8339-3704-0

Von Carsten Kuhr

Über die Meere und durch die Zeiten reist es – ein Segelschiff, das statt einer barbusigen Frau als Galionsfigur einen Rabenkopf an seinem Bug mit sich trägt. Im Auftrag des Seelensammlers reist es durch die Zeit, sucht und entführt junge Menschen aus allen Herren Länder und unterschiedlichsten Epochen, um diese als Besatzung zu rekrutieren.

Das Schiff trägt den passenden Namen „Zeitensegler“, und der Seelensammler, der die Schatten seiner Besatzung raubt, der gefürchtet ist wie keiner sonst, nennt sich passend – der Schattengreifer. Eines Tages aber ankert das Segelschiff im 21. Jahrhundert. Der dreizehnjährige Simon wird seit Tagen von Albträumen geplagt. Merkwürdig verformte weiße Hände greifen nach ihm, ein Schiff mit brennenden Masten und ein merkwürdiger, furchteinflößender Mann jagen ihn. Als er aus seinem Schlaf aufschreckt und aus dem Fenster sieht, glaubt er seinen Augen nicht zu trauen. Da schaukelt das Schiff aus seinem Traum auf den Wellen. Als er hinausrudert begegnen ihm auf den Schiffsplanken fünf Jugendliche, die der Schattengreifer über die Jahrtausende rekrutiert hat. Zunächst als blinder Passagier, später dann als aktiver Widersacher gegen den Schattengreifer, besuchen wir mit dem Schiff das von den Römern belagerte Karthago, fahren in die als Gefängnis missbrauchte englische Kolonie Australien und begleiten Simon bei seinem Vorhaben, die aus ihren Familien gerissenen Zeitenkrieger wieder in ihre Heimat zu entlassen und aus den Fängen des Schattengreifers zu befreien...

Stefan Gemmels erster Ausflug in die phantastischen Bereiche nutzt geschickt verschiedene erprobte Themata. Zum einen sendet er seine Protagonisten durch die Zeit zu historisch interessanten Begebenheiten. Sei es der Kampf der Römer gegen die Karthager im Punischen Krieg, der mit der Auslöschung der nordafrikanischen Hochkultur endet, oder die Besiedelung Australiens durch die englischen Strafgefangenen. Gemmel nutzt hier geschichtliches Wissen, um seine Handlung mit Fakten zu untermauern. Dazu gesellt sich das beliebte Topic der Zeitreise sowie ein wenig Windjammer-Romantik.

Die Protagonisten sind geschickt gewählt, bieten jede Menge Ecken und Kanten aber auch genügend Gemeinsamkeiten, um als Zweck- und Schicksalsgemeinschaft zu funktionieren. Dabei merkt man dem Text an, dass Gemmel ein erfahrener Autor ist. Im Verlauf der Handlung werden weitere Rätsel aufgebaut, die Motivation des zunächst ausschließlich negativ besetzten Schattengreifer wird geschickt offengehalten, so dass hier sicherlich noch einige Überraschungen auf den Leser warten.

Stilistisch liest sich der Text erfreulich flüssig und ohne Schwächen auf einen Rutsch durch, weckt Neugier darauf, wie es wohl weitergehen wird und bietet auch optisch mit einem farbenprächtigen, zum Inhalt passend gestaltenden Titelbild sowie marmorierten Vorsatzpapieren einen Augenschmaus.