Jack McDevitt: Zeitreisende sterben nie (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Donnerstag, 24. Februar 2011 19:07
Jack McDevitt
Zeitreisende sterben nie
(Time Travelers Never Die)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Frauke Meier
Titelillustration von Arndt Drechsler
Bastei-Lübbe, 2011, Taschenbuch, 526 Seiten, 8,99 EUR, ISBN 978-3-404-24396-9
Von Carsten Kuhr
Michael Shelborne arbeitet als Physiker für die Regierung. Eines Tages machen er und eine Kollegin eine bahnbrechende Entdeckung – sie entwickeln eine Zeitmaschine. Beiden ist klar, dass man ein solches Gerät tunlichst der Regierung vorenthalten sollte. Vernichten oder nutzen, das ist die Frage. Natürlich siegt die Neugier der beiden Forscher. Nur zu bald aber lernen die Beiden, dass man zwar in der Zeit reisen und im beschränkten Maße auch auf diese Einfluss nehmen kann – wenn man allerdings zu gravierend in das Geschehen eingreift, stirbt man einen schnellen Tod.
Als Michaels Sohn Shel nach dem Verschwinden seines Vaters das Schlafzimmer des Verschollenen auf Hinweise danach absucht, was diesem zugestoßen sein könnte, entdeckt er im Kleiderschrank wollene Roben und Schnürsandalen. Gehörte sein Vater vielleicht einer Laienspieltruppe an? Kurz danach erhält er vom Anwalt der Familie ein Päckchen mit drei iPod-ähnlichen Geräten und der eindringlichen schriftlichen Anweisung seines Vaters, die Maschinen zu vernichten. Wie man sich denken kann, weckt dies erst so richtig sein Interesse.
Zusammen mit seinem sprachbegabten Freund Dave macht sich Shel auf die Suche nach seinem Vater. Dumm nur, dass dieser nicht nur geschichtlich interessiert ist, sondern sich auch mit Literatur und deren Verfasser beschäftigt hat. So beginnt eine muntere Reise voller Begegnungen durch die Epochen, von Galileo zur Bibliothek von Alexandria, von Winston Churchill bis Archimedes. Doch dann brennt Shels Haus nieder, im Schlafzimmer entdeckt man eine bis zur Unkenntlichkeit verkohlte Leiche, die anhand der Zähne als Shel identifiziert wird. Doch so einfach will sich Dave dem Schicksal nicht beugen, kann er doch vielleicht in der Vergangenheit das Leben seines Freundes retten…
Jack McDevitt gehört zu den interessantesten und überzeugendsten SF-Autoren unserer Tage. Nicht umsonst werden seine Werke regelmäßig mit Preisen förmlich überhäuft. Vorliegender Roman gehört einmal nicht seinen zwei großen Zyklen an. Ein Einzelroman, noch dazu aus dem Subgenre des Zeitreise-Romans, das weckte bei mir Erwartungen.
Gerade gute Zeitreise-Romane zeichnen sich durch das intelligente Spiel mit der Frage „was wäre wenn“ aus, verschaffen dem Leser einen ungewöhnlichen Einblick und Zugang zu historischen Begebenheiten und Persönlichkeiten. McDevitts vorliegendes Werk gehört leider nicht zu diesen herausragenden Titeln. Das soll nun beileibe nicht heißen, dass uns der Autor nicht munter und auch durchaus spannend unterhalten würde, doch das Besondere, das augenzwinkernde Spiel mit Zeit und Raum, mit Einflussnahme und den Auswirkungen, die sich daraus ergeben, geht dem Roman ab. Munter springt der Plot zunächst auf der Suche nach Shels Vater, später nach der Rettung für den verbrannten Zeitreisenden hin und her, lässt eine ganze Reihe historischer Persönlichkeiten vorbeidefilieren, ohne dass diese aber wirklich zum Leben erweckt werden. Das ist zwar kurzweiliges, angenehm flüssig und temporeich zu lesendes Abenteuergarn mit überzeugenden Protagonisten, doch die ganz große Faszination, die McDevitts Werke sonst auszeichnet, mag sich nicht einstellen.
Vielleicht liegt dies auch darin begründet, dass der Leser gleich zu Beginn, bei der Beerdigung Shels, mit der Tatsache der Zeitreisen konfrontiert wird, und so der Aha-Effekt fehlt. Wirklich neue Ideen sucht man leider vergeblich, die Grundthematik hat der Autor nebst den wenigen originellen Szenen, allesamt bereits in seiner gleichnamigen Novelle, die in dem in der Edition Andreas Ihrle unter dem Titel „Übersetzungen aus dem Kollosianischen“ mit weiteren, gelungenen Beispielen McDevitt´scher Erzählkunst erschienen ist, präsentiert.
So bleibt ein zwar interessanter, stellenweise amüsanter Roman, dem aber leider ein wenig die sonst vom Autor gewohnte Intensität und Faszination abgeht.