Holly Black: Weißer Fluch (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Donnerstag, 24. Februar 2011 19:01
Holly Black
Weißer Fluch
(White Cat – The Curse Workers)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Anne Brauner
Titelillustration von Ferenc B. Regös
cbt, 2011, Hardcover, 380 Seiten, 17,99 EUR, ISBN 978-3-570-16107-4
Von Carsten Kuhr
Stellen Sie sich eine Welt vor, in der Magie real ist. Nein, ich meine jetzt nicht, dass Zauberer mit spitzen Hüten und auf fliegenden Besen die Lüfte durchstreifen, sondern dass besonders begabte Menschen durch Berührung Andere beeinflussen können. Sei es, dass sie Erinnerungen verändern oder gar löschen können, dass sie Menschen bearbeiten können, dass diese ihnen bedingungslos folgen, sie lieben und verehren, oder dass sie ihre Mitmenschen verfluchen.
Klar, dass das organisierte Verbrechen ebenso wie die Obrigkeit sich diese Kräfte zunutze machen will, dass Regeln und strenge Sanktionen aufgestellt werden, an die sich kaum einer hält.
Willkommen also in der Welt von Cassel Sharpe. Cassel entstammt einer Familie von Fluchbringern, die sich seit Jahrzehnten dem organisierten Verbrechen angeschlossen hat. Vor drei Jahren fand man ihn, den einzigen der Familie, der über keine Fluchbegabung verfügt, mit dem blutigen Messer über der Leiche seiner Freundin Lila, der Tochter des örtlichen Paten. Seitdem versteckt er sich in einem der Internate für missratene Zöglingen aus reichem Haus.
Dumm nur, dass er, der als Buchmacher am Internat zwar geduldet, nie aber wirklich in der Welt der Reichen und Mächtigen akzeptiert wird, anfängt zu schlafwandeln. Was nur will sein Unterbewusstsein ihm damit mitteilen? Die Spur führt zurück zu jener Nacht, in der er über der Leiche Lilas wieder zu sich kam. Hat man sein Gedächtnis damals manipuliert, und wenn ja, wer und warum? Ist Lila gar noch am Leben, wurde sie von einem Begabten verwandelt, und wer nur könnte über diese sensationelle Gabe verfüge? Fragen, an deren Auflösung er sich macht…
In der vielfältigen Welt der Urban Fantasy nimmt vorliegendes Werk einen besonderen Stellenrang ein. Nicht etwa, weil die Autorin uns von einer Gesellschaft erzählt, in der die übernatürlichen Gaben einiger Weniger missbraucht werden, das sind wir ja mittlerweile gewohnt. Nein, weil die Autorin die besonderen Gaben eher als Fluch, als Belastung darstellt, denn als etwas, das wirklich erstrebenswert ist. Dazu gesellt sich mit der Vereinnahmung der verteufelten Gaben und ihrer Besitzer durch das organisierte Verbrechen ein ganz neuer, frischer Zugang. Erneut überrascht, dass es nicht etwa glamourös zugeht, sondern, dass Cassels Familie eher von der Hand in den Mund lebt, dass sie schlicht versuchen, über die Runden zu kommen. Das erinnert ein wenig an die Zustände im Chicago der 30er Jahre, mit einigen ganz wenigen brutalen Paten an der Spitze und den kleinen, notleidenden Gaunern im Gefolge. In dieses außergewöhnliche Setting hat die Autorin dann ihre vielschichtige Handlung mit jeder Menge Wendungen eingebaut.
So interessant sich das Bild auch bot, wurde ich doch mit dem Erzähler lange nicht warm. Zu Vieles blieb gerade in der ersten Hälfte des Buches offen, als dass man mit Cassel wirklich mitbangen würde. Zwar warten so einige sensationelle Enthüllungen auf den Leser, doch war mir persönlich Cassel als Charakter einfach zu distanziert, als dass ich wirklich mit ihm gebangt hätte.
Insoweit ein zwar interessanter, vom Ansatz her ungewöhnlicher Roman, der mich aber leider doch nicht ganz in seinen Bann ziehen konnte.