Lucia Herbst: Medusa - Verdammt lebendig (Buch)

Lucia Herbst
Medusa - Verdammt lebendig
Greek Goddesses 1
Piper Wundervoll, 2022, Paperback, 352 Seiten, 18,00 EUR

Rezension von Christel Scheja

Die 1982 geborene und heute mit ihrer Familie in München lebende Lucia Herbst arbeitet heute als Gutachterin. Aber sie schreibt auch mit Leidenschaft Fantasy, die auf Märchen und antiken Sagen basiert, wie man an ihrem 2023 mit dem Seraph ausgezeichneten Debüt „Medusa -Verdammt Lebendig“ merkt, dem Auftakt der Reihe „Greek Goddesses“.


Über Jahrtausende musste sich Medusa verbergen und auch jetzt versteckt sie sich noch in einem Appartement in Köln. Aber nun wagt sie etwas, was sie sich bisher nicht getraut hat: Sie erhebt Anklage gegen die Götter, die sie einst grausam misshandelten und dazu verfluchten, ein Monster zu sein.

Und so kommt es zu einer ebenso an Wendungen reichen wie auch spannenden Verhandlung vor einem internationalen Göttergericht, denn Athene und Poseidon, die Angeklagten, lassen sich nicht so einfach überführen und haben mächtige Verbündete.


Auf den ersten Blick mag man annehmen, dass sich die Geschichte in die heute so beliebte Young-Adult-Sparte einsortieren lässt, die einen Urban-Fantasy-Hintergrund nutzt, aber der Eindruck schwindet schnell, denn Lucia Herbst hat einen gänzlich anderen Ansatz, der ihr auch einen wichtigen Phantastik-Preis eingebracht hat. Denn es geht nicht um irgendwelche romantischen Gefühle, auch wenn die nicht fehlen dürfen, sondern um die Ahndung eines Verbrechens, das auch nach Jahrtausenden nicht verjährt ist.

Wie in einem richtigen Gerichtsdrama wird die Tat, die Medusa zu einem verhassten Monster machte, wieder neu aufgerollt und die Hintergründe enthüllen sich nach und nach vor dem Leser. Wie man sich denken kann, lassen sich das die Angeklagten natürlich nicht gefallen, sondern wehren sich mit allen - auch unlauteren - Mitteln, so dass man immer wieder mit Überraschungen rechnen darf.

Dabei wird ein Mythos auseinandergenommen, der über viele Jahrhunderte einfach so hingenommen wurde, ohne nach den Beweggründen zu fragen und die griechischen Götter als das entlarvt, was sie im Grunde auch sind: Vergewaltiger, Misshandler, Intriganten, die ohne Gewissen das Leben anderer zerstören und so fort. Dabei rutschen nicht nur die Männer in die Rolle des Täters, Frauen machen sich ähnlich (mit)schuldig.

Man merkt, dass sich die Autorin den klassischen Mythos genau angesehen und modern interpretiert hat und gönnt Medusa, die hier nicht länger das verhasste Monster ist, endlich auch Frieden und Rehabilitation.

Die Figuren mögen aus ihrer Zeit gerissen wirken, sind aber liebevoll und sympathisch gestaltet oder man lernt sie schnell zu hassen. Alles in allem gibt es auch immer wieder amüsante Momente, die die Handlung auflockern und nicht allzu düster erscheinen lassen. Und auch wenn der Roman in sich geschlossen ist, so wird im Hintergrund doch schon der zweite Band vorbereitet.

„Medusa - Verdammt lebendig“ fällt tatsächlich aus dem Rahmen der üblichen Young-Adult-Urban-Fantasy-Romane und entpuppt sich als spannendes Gerichtsdrama, dass tatsächlich sehr aktuelle Themen aufgreift und dabei einen klassisch-antiken Mythos in einem ganz anderen Licht erscheinen lässt. Action, Drama und Magie vereinen sich zu einer kurzweiligen Geschichte mit netten Überraschungen.