Brandon Sanderson: Weit über der smaragdgrünen See (Buch)

Brandon Sanderson
Weit über der smaragdgrünen See
(Tress of the Emerald Sea, 2023)
Übersetzung: Simon Weinert
Illustrationen: Howard Lynn
Piper, 2023, Hardcover, 544 Seiten, 25,00 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Es ist doch wahrlich eine Crux mit der Liebe. Wie sagt der Volksmund so schön? Wo die Liebe hinfällt - nur, wenn sich dann eine Fensterputzerin in den Sohn des Herzogs verliebt und der die Gefühle auch noch erwidert, dann wird es schwierig.

Der despotische Vater bricht zu einer Rundreise durchs Reich auf. Die Mission, man kann es sich fast denken: die Suche nach einer Braut für seinen Sohnemann. Dass dieser geschickt eine jede Anwärterin vergrault, führt dazu, dass Daddy ihn enterbt, einen Neffen zu seinem Erben erklärt und seinen Sohn der Zauberin als Bestechung zuführt.

So einfach aber lässt sich eine junge, verliebte Frau, auch wenn sie nur Fensterputzerin ist, nicht abspeisen. Tress zieht los, ihren Liebsten zu suchen und zu befreien - koste es, was es wolle; und das Verbot, die Insel zu verlassen kann ihr doch aber auch wirklich einmal gestohlen bleiben…


Brandon Sanderson gehört zu den zeitgenössischen Phantastik-Autoren, die es geschafft haben. Seine Bücher verkaufen sich weltweit, seine Verlage hofieren ihn. Dabei hat er schon seit Jahren seine Bücher, neben den Ausgaben in seinen US-Verlagen, im Selbstverlag angeboten; in Leder gebunden und signiert, kann man diese über seine Website bestellen. Etwas, das seine Fans gerne und rege in Anspruch nehmen.

Nun hat er eine neue Idee gehabt. Um den Marketing-Zwängen zu entgehen und endlich einmal nur das zu schreiben und zu veröffentlichen, was ihm gefällt, hatte er eine Kickstarter-Kampagne für nicht weniger als vier neue, unveröffentlichte Romane gestartet. Der Zuspruch war überwältigend, er konnte sich vor Bestellungen kaum retten.

Für die Übersetzungen haben seine deutschen Verlage die Romane dann unter sich aufgeteilt. Piper fängt mit dem „Weit über der samaragdgrünen See“ an, die Romane bei uns zu publizieren. Und das Gebotene ist - anders. Zwar ist der Roman in Sandersons „Kosmeer“-Universum angesiedelt, doch so wirklich zu dem Zyklus passen will der Plot nicht so recht.

Da lernen wir eine karge Insel mit einer leidenden, verarmten Bevölkerung kennen. Einen despotischen Herzog. Schiffe, die über Sporenmeere fahren, eine junge Frau, die sich zum Thron-Erben hingezogen fühlt; mal abgesehen vom Sporenmeer nicht wirklich Neuland, das Sanderson hier betritt. Allerdings entwickelt sich die Handlung dann doch anders, als man es erwarten konnte. Die Grundanlage hat der Verfasser sich bei den klassischen Märchen abgeschaut, dann aber geht er doch andere Wege. Allerdings hätte er seine Figuren doch ein klein wenig differenzierter zeichnen, sie eine nachvollziehbare Entwicklung nehmen lassen können.

Es ist keine klassischen Helden-Queste, auch wenn es zu Beginn ein bisschen danach aussieht, sucht unsere Protagonistin doch schlussendlich ihren Weg in der Welt. Sie reift - wenn auch eher rudimentär dargestellt , der Action-Anteil und Kämpfe sind glücklicherweise eher Mangelware, Witz und Einfallsreichtum sowie die Hilfe von Verbündeten und Freunden ersetzen martialische Kämpfe.

Besonders zu erwähnen sind die passenden Innen-Illustrationen Howard Lyons, die das Geschehen auch optisch anbieten.

So lässt mich das Werk etwas ambivalent zurück. Ja, Sanderson hat ein durchaus modernes Märchen vorgelegt, das viele Themen streift, das sich abseits ausgetretener Pfade bewegt. Aber es ist auch ein Buch, bei dem ich mit den Hauptfiguren lange nicht warm wurde, das eine Melange verschiedenster Genre - SF, Fantasy, Märchen - anbietet und mit leisen Tönen unterhält.