T. E. D. Klein: Wortkette / John S. McFarland: Eine glückliche Familie (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Montag, 29. Mai 2023 12:31
T. E. D. Klein
Wortkette
(Ladder, 1990)
Übersetzung: Joachim Körber
Titelbild: W. H. J. Boot
und
John S. McFarland
Eine glückliche Familie
(One Happy Family, 1983)
Übersetzung: Michael Schmitt
Titelbild: Grant Wood
Wandler, 2023, Hardcover (Wendebuch), 102 Seiten, 23,00 EUR
Rezension von Carsten Kuhr
„Wortketten sind Abfolgen von Worten, bei denen der letzte Buchstabe des vorherigen Wortes stets der erste des nachfolgenden sein muss. Die Kette kann so lang sein, wie du willst. Die Möglichkeiten sind endlos!“ (Seiten 27/28).
T. E. D. Klein nutzt diese literarische Kunstform dazu, uns die Lebensgeschichte eines schottischen Schafzüchters zu erzählen. Nach dem Unfalltod der Eltern zieht es ihn hinaus in die Welt - er erkundet ferne, fremde Gestade, macht Karriere als Buchhalter, später als Repräsentant der Ostindien-Kompanie und stößt dabei auf gar merkwürdige Vorkommnisse, die in ihm die Gewissheit wachsen lassen, dass sein Dasein von einer Wortkette bestimmt wird, die Tote, die seinen Weg pflastern, dieser geschuldet sind…
Dr. Ellison wird mitten in der Nacht zu einer Hausgeburt gerufen. Bei der armen Frau, die bereits vier Kinder hat, folgen die Wehen im Abstand von drei Minuten. Doch warum öffnet der Muttermund sich nicht und wo nur sind die anderen Kinder?
Was ist das doch für ein kleines, schmuckes Buch, das uns Michael Schmitt in seinem Wandler Verlag präsentiert?
Ein Wendebuch - also ein Buch, das zwei getrennte Texte jeweils umgekehrt zueinander zwischen seinen Deckeln vereinigt. Das kennen wir von den legendären ACE-Doubles, auch die Edition Phantasia hatte einmal ein solches Buch (Campbells „Der Reiseführer“) im Angebot (für alle Interessierte - der signierte Ramsey Campbell ist auf der Webseite der EP noch bestellbar).
Nun also legt uns der umtriebige Wandler Verlag zwei Kurzgeschichten in einem Band zusammen vor.
T.E.D. Kleins „Wortkette“ schien dabei lange Zeit schlicht unübersetzbar. Joachim Körber hat auf Facebook die Schwierigkeiten in Bezug auf Übertragung der Wortkette näher erläutert, und - das darf ich vorwegnehmen - er hat einmal mehr Herausragendes geleistet. Nachdem die Kurzgeschichte - für eine Novelle ist die Story schlicht nicht lang genug - nun den Band nicht wirklich füllte, hat der Verleger uns einen sehr informativen und fundierten Artikel von Phantastik-Kenner Frank Duwald zu Klein nebst Bibliographie beigefügt.
Mit „Eine glückliche Familie“ wurde eine weitere Story - aus Feder von John S. McFarland - inkludiert, die weder thematisch noch stilistisch mit Kleins Lebensbeichte verbunden ist.
McFarlands Beitrag liest sich dabei durchaus interessant, der Plot-Twist ist ein klein wenig vorhersehbar, letztlich aber doch interessant genug, um der Story ihr Gepräge zu geben.
T. E. D. Kleins „Wortkette“ spielt da selbstredend auf einem anderen Level. Wie immer bei den viel zu wenigen Texten aus seiner Feder, zeichnet er in ganz wenigen Worten markante Figuren. Sei es der alternde Schotte, der von und aus seinem Dasein berichtet, oder die, denen er auf seinem Lebensweg begegnet; die Figuren nehmen plastisch vor dem Auge des Lesers Gestalt an.
Mit dem Essay Frank Duwalds, in dem er uns den Verfasser, soweit möglich - da kaum etwas bekannt - den Menschen und natürlich dessen Werk vorstellt, bekommen wir noch weitere Informationen zum Autor. Dabei liest sich dieser Beitrag durchaus interessant, geht Duwald doch auf die bekannten Charakterzüge Kleins, auf sein viel zu gering ausgefallenes Œvres ein und lobpreist zurecht das knapp ausgefallene Werk.
Insgesamt ein wunderbares kleines Büchlein, bei dem man merkt, dass der Verleger sich etwas überlegt hat, mit Liebe an das Projekt heranging und uns eine weitere Perle aus dem Schaffen Kleins nebst Zugabe präsentiert.