Boris Koch: Moorläufer - Im Reich des letzten Drachen (Buch)

Boris Koch
Moorläufer - Im Reich des letzten Drachen
Knaur, 2023, Paperback, 494 Seiten, 16,99 EUR

Rezension von Gunther Barnewald

Boris Koch ist den Lesern der Phantastik eher durch seine gruseligen Geschichten bekannt, einem größeren Lesekreis aber auch als erfolgreicher Fantasy- und Jugendbuchautor. Vor allem die Serie um den Drachenflüsterer Ben (2008 gestartet), der mit seinen magischen Kräften verletzte Drachen heilen kann, hat bei vielen Lesern (zurecht) einen sehr guten Eindruck hinterlassen.


Hier erzählt er die Geschichte des jungen Milan, der in einem düsteren Moor groß wird. Er und seine Familie gehören zu den Torfstechern, die für die Gruppe der Alchymisten oder auch für den König und andere Adlige Torf stechen müssen, immer bedroht von unheimlichen Kreaturen, wilden Tieren, verführerischen Irrlichtern und vor allem vom Nachtwyrm, dem letzten noch existierenden Drachen im Moor.

Manchmal stößt dann einer der Torfstecherinnen und Torfstecher auch auf einen überaus wertvollen und magischen Moordiamanten. Diese sollen aber immer den Adligen übergeben werden, denn der Nachtwyrm versucht ebenfalls, die Edelsteine zu erbeuten. Als Milans große Schwester eines Tages einen solchen wertvollen Stein findet und mit ihm in die Großstadt flüchten will, wird sie vom Nachtwyrm aufgestöbert, getötet und zerrissen.

Milans Familie bekommt die Schuld am vermeintlichen Fehlverhalten der jungen Dame zugeschoben, und sogar Milans Eltern werfen diesem vor, nicht rechtzeitig eingeschritten zu sein und seine Schwester geschützt zu haben vor ihrem Fehler, obwohl der Junge gar nichts von dem Moordiamanten ahnte.

Milan nimmt sich dies sehr zu Herzen, entwickelt mit der inneren Unruhe und Unzufriedenheit einen stakten Bewegungsdrang, der ihn oft durch das unheimliche Moor treibt, bis er von allen nur noch Moorläufer genannt wird. Und so bekommt er die Aufgabe zugeteilt, neue Vorkommen des besonderen Schwarzmoors aufzustöbern, welches die magische Flamme der Alchymisten nährt.

Nachdem er ein Irrlicht eingefangen und sehr gewinnbringend an den örtlichen Alchymisten weiterverkauft hat, bietet dieser ihm an, bei ihm in die Lehre zu gehen. Milan ist hin und her gerissen, hat er sich doch längst in eine gleichaltrige Torfstecherin namens Khyra verliebt und plant mit ihr die Flucht in die Großstadt, wenn es ihnen gelingen würde, einen Moordiamanten aufzutreiben.

Und dann ist da noch Milans großes Schnitztalent, welches ihn zum herausragenden Künstler prädestiniert...


Boris Koch erschafft auch in diesem Buch wieder viele lebendige Charaktere, deren Leben man gerne folgen möchte.

Ebenfalls stark ist die erzeugte Atmosphäre des nebeligen, leicht gruseligen Sumpfes mit seinen vielen Bedrohungen (die allerdings ruhig etwas bizarrer hätten ausfallen dürfen!).

Nicht ganz so gelungen ist leider der Spannungsbogen der Geschichte. Zu spät prallen die Protagonisten mit dem Nachtwyrm zusammen, lösen sein Geheimnis und fechten den obligatorischen Endkampf aus. Dazwischen herrscht manchmal etwas zuviel Leerlauf, die Erzählung kommt nicht so recht voran, obwohl sie trotz des Fantasy-Hintergrundes erstaunlich realistisch wirkt. Vor allem die menschlichen Ängste, Eitelkeiten und Missgünstigkeiten sind sehr gut getroffen worden vom Autor.

Wer also Atmosphäre und Erzählkunst schätzt und grobe Klischees ablehnt, der wird im vorliegenden Buch fündig, wer eher Spannung und Action bevorzugt, sollte wohl lieber zu einer anderen Lektüre greifen!