Graham Masterton: Das Haus von Jack Belias (Buch)

Graham Masterton
Das Haus von Jack Belias
(The House That Jack Built, 1995)
Übersetzung: Elena Helfrecht
Titelbild: Arndt Drechsler-Zakrzewski
Festa, 2022, Hardcover, 542 Seiten, 36,99 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Manches Mal im Leben, da geht einfach alles schief. Star-Anwalt Craig Bellman erlebt solch ein Fiasko eines Abends in seiner Heimatstadt New York. Auf der Taxifahrt zur Feier mit einem wichtigen Mandanten, beleidigt er den Fahrer, wird von diesem - natürlich ohne Mantel und Schirm - im gießenden Regen auf das Trottoir abgeladen. Dann bittet ihn eine junge Frau um Hilfe - ihre Freundin würde vergewaltigt. Mutig ist er ja, als er die aufgegebene Drogerie betritt… eine Falle, die ihn nicht nur seine Geldbörse, sondern auch einen zermatschten Hoden kostet.

Zusammen mit seiner Frau Effie, sonst schmückendes Beiwerk bei seinen Essen mit wichtigen Klienten, fährt er zum Ausspannen ins Hudson River Valley. Hier stößt das Paar auf Valhalla, ein altes Herrenhaus, in das es sich stante pede verliebt. Er will, er muss das Haus haben, auch wenn es ihn monetär an den Bettelstab bringt. Craig renoviert das Anwesen, findet dabei sein Selbstvertrauen und auch seine Lust wieder, auch wenn er plötzlich die dominantere, die rabiatere Art vorzieht.

Was er da noch nicht wirklich weiß - ahnen könnte er es schon - ist, dass es in dem alten Gemäuer spukt. Über die Jahrzehnte gab es diverse Selbstmorde, rätselhafte Vorkommnisse und es gibt Gerüchte zuhauf. Jetzt bekommen er und seine Frau einen intimen Eindruck davon, was es heißt, das hoch-herrschaftliche Anwesen zu besitzen…


Graham Masterton gehört zu den allseits anerkannten Großmeistern des modernen Horror-Romans. Über die Jahrzehnte hat er uns tolle Bücher geschenkt, von denen so einige auch ihren Weg in den Festa Verlag fanden. Vorliegend präsentiert uns der Herausgeber in der „Pulp Legends“-Reihe einen Roman des Briten, in dem er sich eines altbewährten Themas annimmt. Es geht einmal wieder um ein Spukhaus - ein mehr oder minder verfallenes, abgelegen situiertes Anwesen, in dem Unheimliches vorgeht.

Das Ganze beginnt aber nicht etwa, wie zu erwarten wäre, mit der ersten Besichtigung des Anwesens. Stattdessen zeichnet uns der Verfasser seinen Protagonisten als erfolgreichen, eingebildeten Karrierejuristen in New York. Dass dieser sich gegenüber dem ägyptischen Taxifahrer derart diskriminierend benimmt, dass er ein echtes Arschloch ist, das den Überfall danach verdient hat, macht ihn für uns nicht eben sympathischer. Selbst, als das Ehepaar dann die Gegend erkundet und dort auf das Anwesen stößt, rückt selbiges noch nicht wirklich in den Fokus. Masterton zeigt uns zuerst die Folgen des Überfalls auf den Rechtsanwalt. Seine Impotenz, seine Unfähigkeit, sich dem Erlebten - so dramatisch, so erschütternd es auch - war zu stellen, die Abwehr der angebotenen Hilfe seiner Ehefrau - hier hat der Verfasser ein sorgfältiges Fundament für die Charakterisierung seiner Hauptfigur geschaffen.

Später wird deutlich, dass der einstige Besitzer des Anwesens, ein mit allen Wassern gewaschener, gnadenloser Geschäftsmann, Okkultist und Spieler versucht, durch Craig zurückzukommen. Die damit verbundenen plakativen und harten Sex-Szenen sind sicherlich nicht jedermanns Geschmack.

Was mich dann mit dem Plot versöhnt, ja das Buch zu einem Leseerlebnis werden ließ, ist die überaus gelungene Darstellung der Geschichte des Valleys vor der großen Depression. Hier atmet der Plot wunderbar recherchierte Realität, fängt er die Atmosphäre der Zeit ein und hat mich nicht mehr losgelassen.