Dietrich von Bern 2: Verrat (Comic)

Peter Wiechmann
Dietrich von Bern 2
Verrat
Titelillustration und Zeichnungen von José Rafael Méndez Méndez
Cross Cult, 2010, Hardcover, 192 Seiten, 22,00 EUR, ISBN 978-3-941248-98-4

Von Christel Scheja

Die Comicserie „Dietrich von Bern“ greift eines der deutschsprachigen Heldenepen auf, das den meisten heutigen Lesern eher unbekannt ist. Zwar ist der Name des ehrenhaften Herrschers und Recken durch die Nibelungen-Sage bekannt, mehr aber auch nicht. Peter Wiechmann nahm sich zusammen mit José Rafael Méndez Méndez in den 1970er Jahren dieses Sagenkreises an und erzählte seine eigene Version des ritterlichen Epos.

Im ersten Band standen die Jugendjahre Dietrichs im Mittelpunkt der Geschichte – seine Ausbildung, seine erste stürmische Zeit als Ritter und nicht zuletzt der Bund mit anderen Recken, die zu seinen Freunden wurden. Doch bereits dort musste er miterleben, was Neid und Missgunst aus dem ehrenhaftesten Streiter machen kann.

Im zweiten Band, „Verrat“, erwarten Dietrich und seine Freunde weitere Abenteuer und Prüfungen. Es beginnt alles mit einem Besuch von Kaiser Ermanarich in Bern. Der weise alte Kämpe Hildebrandt ahnt bereits, dass dies nicht ohne Eigennutz geschieht und soll recht behalten, denn Ermanarich erzählt von einem abtrünnigen Jarl jenseits der Alpen, der sich weigert, seine Abgaben zu entrichten. Dietrich und seine Ritter sollen für ihn die Kastanien aus dem Feuer holen. Tatsächlich übernimmt der junge Recke die Aufgabe, lässt sich aber nicht vom Kanzler seines Onkels hereinlegen und weiß diesen öffentlich zu beschämen. Bei der Rückkehr muss er jedoch erfahren, dass sein Vater verstorben ist. Die Königswürde zu tragen fällt ihm zunächst nicht leicht, doch der Frevel einer Fürstin bringt ihn zur Besinnung und er bemüht sich, ein gerechter und weiser Herrscher zu sein.

Allerdings ist das nicht das Ende seiner Reisen, denn einer seiner Getreuen taucht eines Tages am Hof auf und bittet um Hilfe. Seine Schwester ist von König Laurin, dem geheimnisvollen Herrscher eines magischen Reiches in den Bergen, entführt worden. Da ausgerechnet Dieter, Dietrichs jüngerer Bruder, schon um die Hand der jungen Edeldame angehalten hat, sieht es der König als Pflicht an, die Entführte zurückzuholen – nicht ahnend, dass dies sein größtes Abenteuer sein wird.

Wieder taucht die Geschichte tief in die wildromantische Welt der Rittersagen ein und verbindet hochmittelalterliche Ideale mit den Vorstellungen der Romantik. Erneut ist von Heldenmut und Tapferkeit die Rede, von Hass und Verrat, aber auch von Selbstaufgabe und Edelmut. Doch trotz aller ritterlichen Tugenden ist Dietrich nicht unfehlbar, wie vor allem die Episode um den Frevel der Fürstin beweist. Auch der junge Held macht bittere Fehler und muss durch das Beispiel anderer zur Besinnung kommen. Auch Missgunst und Verrat, Hass und Furcht sind wieder mit dabei, wenngleich sie auch eher im Hintergrund schwelen. Gerade in der letzten Episode wird alles für eine große Tragödie vorbereitet, in die Dietrich gezogen werden könnte.

In die Geschichte um König Laurin spielt die Magie mit hinein, die diesem Teil der Sage schon immer angehaftet hat. Neben Zwergen und Riesen kommen auch hier übernatürliche Dinge zum Tragen wie der Rosengarten in den tiefverschneiten Alpen und Laurins Tarnkappe, die Dietrich noch gute Dienste leisten könnte.

Alles in allem regiert wieder der archaisch-heroische Unterton, der sicherlich nicht jedem Leser liegen dürfte, aber adäquat zur Heldengeschichte ist. Man merkt, dass sich Autor und Künstler auch diesmal mit Akribie an die Arbeit gemacht haben, das merkt man an den detailreichen Zeichnungen und eingestreuten Informationen. Wie auch schon im ersten Band so gibt es auch diesmal kleine Essays, passend zu den Inhalten des Comics.

Wer Spaß an dem altertümlichen Stil und Inhalt alter deutscher Sagen hat, der sollte ruhig einmal einen Blick in „Dietrich von Bern“ werfen, denn die Reihe beschäftigt sich sehr liebevoll mit der Geschichte des eher vergessenen Helden, ohne dabei allzusehr in Historienkitsch zu verfallen.