Oliver Plaschka: Der Wächter der Winde (Buch)

Oliver Plaschka
Der Wächter der Winde
Titelbild: Max Meinzold
Knaur, 2022, Paperback, 366 Seiten, 11,99 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Sie kamen von einer Beerdigung und gerieten in einen heftigen Sturm. Mitsamt ihrer Stretchlimousine gerieten sie in ein Land, abseits unserer Welt. Ein Ort, an dem die Technik versagt, ein Landstrich, an dem Wunder alltäglich, Geister vorlaut und Magier präsent sind - die Welt unter dem Winde.

Hierhin hat sich Ross, ein Erfinder, mit seiner Tochter zurückgezogen - und hierher hat er diejenigen, von denen er meint, verraten worden zu sein, geholt. Dass Ariel, der Windgeist, neben der Trauergemeinde auch gleich noch ein Gangsterpärchen aus den 30ern und einen Möchtegern-Texas-Ranger eingesammelt hat, macht die Mischung im Land erst so richtig interessant.

Eigentlich ging es Ross nur darum, Rache für vermeintliches und echtes Unrecht zu üben - doch dann kommt es zu interessanten Entwicklungen, mit denen keiner gerechnet hätte…


Oliver Plaschka gehört zu den Autoren, die weit abseits des Üblichen unterwegs sind. Zwar verfasst er auch Romane zur „Perry Rhodan NEO“-Reihe, doch sein Herz, seine Phantasie und seine Fähigkeit, unterhaltend zu fesseln, liegen in erster Linie im Bereich der gehobenen Phantastik. Dies vorweggeschickt greift der Autor im Roman Motive aus Shakespeares „Der Sturm“ auf und nutzt diese für seine Geschichte von Rache und Liebe, Schuld und Sühne und Vergebung.

Der Autor fordert seine Leser. Wie passen die so unterschiedlichen Figuren, noch dazu aus ganz verschiedenen Epochen, zueinander, was haben sie miteinander zu tun und wie wirkt sich ihre Begegnung aus? Fragen, die ebenso interessant wie überraschend beantwortet werden. Dabei hat es der Leser zu Beginn nicht leicht. Man braucht ein wenig Sitzfleisch, um in den Plot hineinzukommen – zu wenig zusammenhängend offerieren sich die Handlungsstränge, zu wenig weiß man, wo die Reise hingehen wird.

Mit der Zeit werden erste Zusammenhänge erkennbar, ordnet man die Figuren zueinander ein, sucht und findet Verbindungen und merkt bald, dass jede Figur ihren ganz eigenen Reiz hat. Hier liegt auch die Stärke Plaschkas: Er schafft unauffällig und fast unbemerkt faszinierende, vielschichtige Charaktere, die uns an die Seiten fesseln.

So ist dies bestimmt kein Buch für Leser, die den nächste Herrn der Ringe oder Harry Potter suchen. Mehr ein Roman für Liebhaber der Prosa eines Neil Gaiman, für Anhänger der gehobenen, nie plakativ auf simple Action geschriebenen Phantastik. Diese werden vom Roman bestens verwöhnt und unterhalten.