Angelique Corse: Züchtige mich (Buch)

Angelique Corse
Züchtige mich
Blue Panther Books, 2022, Taschenbuch, 170 Seiten, 12,90 EUR

Rezension von Irene Salzmann

Der junge und attraktive Pfarrer Christian Kamp betreut die Gläubigen einer kleinen Ortschaft. Nur sehr wenige Menschen, die ihm nähergekommen sind, wissen um seine dunkle Seite, nicht aber was ihn innerlich regelrecht auffrisst. Immer wieder hadert er mit sich und seinen Sünden, selbst wenn er jenen Vertrauten dadurch Trost und mehr spendet. Unverhofft taucht die schöne Nathalie auf, eine seiner Schutzbefohlenen aus der Zeit, als er sich um ‚schwierige Jugendliche‘ gekümmert hatte - Nathalie, vor der er geflohen ist, nach der er sich sehnt und die ihn aufsucht, um zu klären, was damals zwischen ihnen passierte.

 

Vorausschicken sollte man, dass religiöse Menschen, die sich in ihrem Glauben und ihren Werten verletzt fühlen könnten, nicht nach diesem Buch greifen sollten, da hier vor kirchlicher Kulisse und unter Einbeziehung eines Pfarrers Dinge geschildert werden, die gewiss nicht jeder damit in Verbindung gebracht haben möchte.

Wer sich nicht daran stört und das Ganze als eine weitere Fiktion mit austauschbaren Orten und Personen betrachtet, bekommt einen BDSM-Roman geboten, in dem gewissermaßen ‚zwei gefallene Engel‘ ihre Vergangenheit aufzuarbeiten versuchen, nachdem sie erkannt haben, dass Weglaufen sie nicht weiterbringt, im Gegenteil, sie sich einander erklären und ihren dunklen Wünschen stellen müssen.

Da Christian seinen Beruf liebt, niemandem mit seinen Bedürfnissen und seinem Tun schadet, zudem alles hinter geschlossenen Türen passiert und Nathalie mittlerweile volljährig ist, halten sich die Probleme, die von außen an den Pfarrer herangetragen werden, in schnell lösbaren Grenzen.

Ganz anders sieht es hingegen mit den Vorwürfen aus, die sich Christian fortwährend macht wegen den Ereignissen, von denen der Leser in Rückblenden erfährt. Dass er die Befriedigung seiner gegenwärtigen Bedürfnisse als Verfehlungen und Sünden erachtet, ist zweitrangig. Nathalie sieht ihre Geschichte und Wünsche realistischer und pragmatischer, weshalb sie damit besser zurechtkommt und schließlich notwendige Impulse gibt.

Wenig gefällt Christians ständiges Gejammer ob seines Tuns. Ergibt sich wieder eine Gelegenheit für Sex, sind die Selbstzweifel und der Selbsthass schnell vergessen; im Wechsel ist er devot und dominant, wie es der Partner braucht. Darauf folgt erneuter Katzenjammer. Zwischen den erotischen Momenten ist das die hauptsächliche Handlung, die mit jeder Seite mehr dem Leser zunehmend auf die Nerven geht.

Dass die Autorin Christian ständig als „der junge Pfarrer“, „junge Seelsorger“, „junge Mann“ etc. bezeichnet, statt ihn öfter beim Namen zu nennen oder das überflüssige „junge“ einfach wegzulassen, liest sich wie Schluckauf. Das Publikum weiß, dass er jung ist, und geht gewiss nicht davon aus, dass er innerhalb weniger Zeilen einem rapiden Alterungsprozess unterliegt.

Christians Arbeit mit Jugendlichen, die abgerutscht sind, liefert lediglich den Ausgangspunkt für seinen größten Konflikt und spielt für den weiteren Handlungsverlauf, der sich in seine Pfarrei verlagert hat, keine Rolle mehr. Nun stehen seine SM-Bedürfnisse, die Sehnsüchte einiger Gemeindemitglieder und vor allem die Wünsche von Nathalie im Mittelpunkt, die den Wendepunkt für sie beide einleitet.

Sucht man mehr Handlung als das permanente Beklagen sexueller Ausschweifungen, wird man enttäuscht. Erwartet man eine erotische Szene an der anderen, wird man wegen des reichlichen Gehaders dazwischen ebenfalls nicht so recht zufrieden sein. „Züchtige mich“ ist eher eines der schwächeren Werke von Angelique Corse, die mit „Im Bann der Yakuza“ und „Suspicious Lust“ die eigene Messlatte höher gelegt hat.