Elisabeth Herrmann: Die Tote in den Nachtbergen - Ravna 2 (Buch)

Elisabeth Herrmann
Die Tote in den Nachtbergen
Ravna 2

Karte: Markus Weber
cbj, 2022, Hardcover, 464 Seiten, 20,00 EUR

Rezension von Petra Weddehage

Alle Samen der Rentierzüchterfamilien treffen sich einmal im Jahr zum Treck der Rentiere. Dort hoch im Norden scheint die Zeit still zu stehen. Doch der Schein trügt. Dies merkt auch Ravna Persen, die als Studentin der Polizeihochschule in Oslo den Traditionen Ihrer Familie zwiespältig gegenübersteht. Ravna weiß allerdings, dass dieser Pflichttermin wichtig is, um sich nicht mit ihrer Familie zu entzweien. Diese ist aufgrund ihres Berufes nicht begeistert, gelten doch eigene Gesetze bei den Samen, die nicht jeder Außenstehende verstehen würde.

Die junge Studentin macht sich auf, um weitab von der Zivilisation ihrer Pflicht nachzukommen. Schon bald merkt sie, dass ihr Clan schon längst nicht mehr so traditionsverbunden ist wie Ravnas Mutter es gerne hätte. Ihre Onkel sind in der modernen Zeit angekommen und versuchen alles, um das Clan-Oberhaupt davon zu überzeugen Gewinne mit der Haltung der Rentiere zu machen. Das trägt zu den Spannungen innerhalb des Clans bei.

Als Ravna bei der Suche nach einigen Rentieren verletzt in der Bärenschlucht liegt, muss sie alles dafür geben um lebend aus dieser Situation zu entkommen. Dabei findet die Polizeianwärterin das Skelett eines vermissten Mädchens, das jahrelang verschollen war. Schnell stellt sich heraus, dass der Tod von Linnea Berger kein Unfall war. Mord liegt in der Luft und die Polizei macht sich auf zu den Samen. Ravna selbst ist nicht gerade begeistert, als einer ihrer Ausbilder, der Kommissar Rune Thor, in die Ermittlungen involviert wird.

Dieser macht sich das Wissen Ravnas zunutze, ganz zum Unmut der Clanfamilien. Ravna jedoch wittert ein Geheimnis um den Tod von Linnea und ist entschlossen, dieses zu lösen. Immerhin war Ravna selbst noch ein kleines Mädchen, als die Tochter des Tierarztes mit ihrer farbenfrohen Kleidung, dem blonden langen Haar wie eine Feengestalt, die kleine Ravna beeindruckte. Doch je tiefer sie gräbt, umso mehr kommen Wahrheiten zutage, die einige Menschen lieber verbergen wollen.


Elisabeth Hermann nimmt die Leser mit in die Welt der Samen. Schnell bekommt man den Eindruck, die Autorin selbst würde zu einem der Clans gehören. Dies liegt an ihrer einfühlsamen Erzählstrategie. Fesselnd und ohne Pathos schildert sie das Leben der Menschen. Ihre Figuren wirken sehr lebendig und auch die Nebenfiguren werden so skizziert, dass die Leser sich schnell in das Setting einfinden.

Natürlich liegt das Hauptaugenmerk dabei auf Ravna Persen, immerhin befindet sich die junge Frau im Konflikt zwischen Tradition und Moderne. Rund um die Hauptprotagonistin wird eine spannende Story kreiert, die süchtig macht.

Der zweite Teil der Kriminalfälle um Ravna benötigt keine Vorkenntnisse. Man kann die Bücher gut unabhängig voneinander lesen. Wer Krimis mag, die nicht dem alltäglichen Mord- und Totschlag unterliegen, ist hier goldrichtig.