Mark Stay: Nachtzauber - Die Hexen von Woodville 2 (Buch)

Mark Stay
Nachtzauber
Die Hexen von Woodville 2
(Babes in the Woods, 2021)
Übersetzung: Sabine Thiele
Heyne, 2022, Taschenbuch, 414 Seiten, 12,00 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Inzwischen schreiben wir den Juli 1940. Die Luftschlacht um England ist im Gange, in Dünkirchen haben die Alliierten eine herbe Niederlage einstecken müssen. Während die an der Front Versehrten im Anwesen der Astons, das kurzfristig als Hospital dient, medizinisch versorgt werden, drängeln sich im Pub die Flieger-Asse der Verbündeten.

Faye hat die bisherigen Ereignisse, und das war immerhin auch die Erkenntnis, dass sie eine Hexe ist, gut verkraftet. Dass ihr Jugendfreund aus Kindheitstagen ihr Avancen macht, verstört sie ein klein wenig. Just als er fragt, ob sie zusammen zum Sommerfest gehen würden, stürzt ein Flugzeug in Mr. Allens Werkstatt. Faye eilt herbei um dabei zu helfen, das Feuer zu löschen. Sie rettet drei Kinder und deren Chauffeur aus den Flammen - Menschen, die Deutsch sprechen.

Schnell stellt sich heraus, dass es sich bei den Kindern und ihrem Begleiter um flüchtige Juden handelt, die bei Lady Aston untergebracht werden. Dass nicht alle von den vor den Nazis flüchtenden Kindern begeistert sind, zeigt sich bald; Insbesondere der Sohn der Astons scheint eine Aversion gegen die Gäste zu entwickeln.

Obwohl Faye sich eigentlich um die Kinder kümmern will, muss sie zunächst ihren beiden Hexen-Lehrerinnen dabei helfen, einen magischen Fluch auf den Vorsitzenden der Thule-Gesellschaft zu wirken - etwas, das eigentlich seit Generationen verpönt, ja verboten ist. Doch dann kommt einmal wieder alles anders als gedacht und Faye findet sich schon wieder inmitten des größten Malheurs wieder.


Wie schon bei meiner Besprechung zum ersten Teil stört mich die Referenz auf Aaronovitch und Jacka. Der hinreißend unaufgeregte Plot ist viel eher als eine Hommage an Miss Marple einzuordnen, als dass er mit den beiden Erfolgsreihen von der Insel in einen Topf geworfen gehört.

Inzwischen kennen wir uns ein klein wenig aus im Dorf. Die wichtigsten Figuren sind uns ebenso geläufig, wie der Handlungsort. Das soll nicht heißen, dass es nicht neue Facetten und weitere Geheimnisse zu ergründen geben würde, doch wir können die Figuren zumindest grob einordnen. Hinzu gesellen sich nun weitere Handlungsträger. Die versnobten Adeligen etwa, die traumatisierten Flüchtlinge oder die Versehrten, die hier gesund werden sollen.

Angereichert wird diese Mischung dann durch das übernatürliche Element der Hexen. Gut können wir die Ungeduld unserer Erzählerin verstehen, wenn sie mehr über die Gabe, die ihre Mutter ihr hinterlassen hat, erfahren möchte, allein ihre beiden Lehrerinnen führen sie an der kurzen Leine.

Als sie dann bei jeder Berührung des Ältesten der Flüchtlinge Visionen von dessen Tod erhält, ist sie fast starr vor Angst. Kann sie vielleicht das bevorstehende Schicksal des jungen Flüchtlings, der ihr sehr sympathisch wird, verhindern? Ist ihre Cassandra-Gabe ein Fluch oder Segen?

Das Ganze, der innere Zwiespalt, die Unsicherheit und die dann dramatischen Ereignisse werden unaufgeregt, aber intensiv geschildert.

So ist auch dies wieder ein gelungener, weil ungewöhnlich leiser, hintergründiger Urban-Fantasy-Roman aus einer Zeit, als alles noch etwas entschleunigter vor sich ging. Ein Buch, das ohne ganz große Action-Szenen auskommt, das verzaubert und mit seinen wunderbar gezeichneten Figuren punktet.