Kerri Maniscalco: Der Fürst der Zorns - Kingdom of the Wicked 1 (Buch)

Kerri Maniscalco
Der Fürst der Zorns
Kingdom of the Wicked 1
(Kingdom of the Wicked, 2020)
Übersetzung: Diana Bürgel und Julian Müller
Piper, 2022, Paperback, 412 Seiten, 17,00 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Seit Jahrzehnten verstecken sich die Hexenfamilien in Italien. Nicht nur den christlichen Mönchen, die ihnen als Jäger auf der Spur sind; gilt es zu entkommen, auch Gestaltwandler verfolgen sie. Damit nicht genug warnt die Matriarchin Nonna Maria ihre beiden Enkeltöchter eindringlich vor den die Stadt durchstreifenden Dämonen. Im Auftrag der sieben Malvagi, die dem in der Hölle gefangenen Teufel dienen, suchen diese die dem Herrscher der Hölle entwendeten Teufelshörner.

Dann erschüttert eine Mordserie die Stadt. Junge Frauen, alle aus begabten Familien, werden tot aufgefunden, allen fehlt ihr Herz. Als Emilias Zwillingsschwester Vittoria auch dem unbekannten Killer zum Opfer fällt, macht sie sich, entgegen dem Willen ihrer Familie auf, den Mörder zu verfolgen und zur Rechenschaft zu ziehen. Rache, um nichts anderes geht es ihr, beherrscht ihr Denken, ihr Handeln. Um diese auszukosten ist sie bereit allem was ihr gelehrt wurde zuwider zu handeln und sich mit einem ungewöhnlichen Verbündeten einzulassen - Wrath, dem Höllenfürsten…


Was ist dies für ein Buch - der erste Teil eines Zweiteilers, den der Verlag in einer wahren Prachtausgabe vorlegt? Prägedruck, ein wunderbar neugierig machendes Cover und als Krönung ein Rundum-Farbschnitt in floraler Optik - wow!

Die Autorin entführt uns nach Bella Iltalia - allerdings wohl nicht in der Jetztzeit, sondern in eine fiktive Vergangenheit. Moderne Technik kommt nicht vor, die Ära wird auch nicht näher definiert. In einer kleinen süditalienischen Stadt wird uns eine Familie vorgestellt, die eine Trattoria betreibt. Ein Restaurant, in dem die süditalienische Küche zelebriert wird, in der es viel um die Zubereitung von guten Essen und dem Genuss einer vorzüglichen Mahlzeit geht.

Hier lernen wir unsere Erzählerin kennen; eine junge Frau, die ihren eigenen Dickkopf hat, die Vieles meint besser zu wissen als ihre Oma, die getrieben wird von unbändigem Drang nach Rache. Das ist eine junge Frau, die ihrer Altersgruppe gerecht spontan und überschwänglich agiert, die nach wie vor, trotz der ermordeten Altersgenossinnen glaubt, dass ihr (fast) nichts passieren kann. Sie reflektiert wenig, sie agiert voller Drang voranzukommen, ohne zu planen. Und sie ist mehr als emotional - sowohl (und dies glaubwürdig) in ihrer Trauer, ihrem Schock ob des Schicksals ihrer Zwillingsschwester, als auch in ihrer Beziehung zu den Höllenfürsten.

Diese - zumindest die vier, die sie näher kennenlernt - werden allerdings kaum wirklich beschrieben. Sie, die Wicked, sind ihrer jeweiligen Ausrichtung nach Wrath (Zorn), Creed (Habgier), Envy (Neid) und Pride (Stolz) - auch Lust hat einen kleinen Gastauftritt - in sich überzeugend; auch wenn die Romanze zu und mit Wrath ein etwas anderes Bild des Dämon zeichnet, als erwartet. Dass er mitfühlend, empathisch und zurückhaltend agiert, passt für mich nicht so wirklich richtig ins Bild. Allerdings zählt der Roman eindeutig zur Romantasy, wobei sich die Romantik aber glücklicherweise dem Handlungsfaden unterordnet. Was nicht heißt, dass es nicht zu emotionalen Verwerfungen, großen Gefühlen, Enttäuschungen und Höhenflügen kommt - mehr wird hier nicht verraten.

Insgesamt bot sich die Lektüre in der einfühlsamen und stilistisch unauffälligen Übersetzung als flüssig und durchaus spannend zu lesen an. Ich wurde durch die zwar recht oberflächlich bleibende Bühne - in der insbesondere die wenigen Höllenfürsten zu interessieren wussten - an den Roman gefesselt und verfolgte das Geschehen mit Spannung - wobei der Cliffhanger absehbar war, was aber nicht heißt, dass ich nicht neugierig wäre, wie es im zweiten Teil weitergehen wird.