Simon vom Fluss - Gesamtausgabe 2 (Comic)

Claude Auclair

Simon vom Fluss - Gesamtausgabe 2

Übersetzung: Jano Rohleder

Cross Cult, 2022, Hardcover, 192 Seiten, 35,00 EUR

Rezension von Christel Scheja

In den 70er Jahren gehört Claude Auclair zu den progressiven Linken, die mit ihren Geschichten die damaligen Standards der frankobelgischen Comic-Kultur durchbrechen. Er freundet sich mit anderen eigenwilligen Talenten wie Jean Giraud und Pierre Christin an. Gleichzeitig versucht er aber auch mit seinen eigenen Geschichten Fuß zu fassen, ohne dabei Zugeständnisse machen zu müssen. Eine davon ist die um „Simon vom Fluss“. In der zweiten Gesamtausgabe sind die Alben vier bis sechs enthalten.

 

Erschöpft und müde sucht Simon am Rande eines Sumpfgebiets Unterschlupf in einer Hütte, die von zwei Frauen bewohnt wird. Mutter und Tochter sind zunächst sehr abweisend, aber da er sich freundlich zeigt, kommen sie sich schnell näher, was die Jüngere ärgert. Sie verleitet Simon zu einem folgenschweren Fehler.

Nur kurze Zeit später kommt er bei einer Gemeinschaft unter, die in der harten postapokalyptischen Welt durch Gemeinschaft und Glauben zu überleben versucht. Für einen Sommer erlebt er Frieden, aber seine Ruhelosigkeit treibt ihn weiter.

Nicht zuletzt führt diese ihn in eine der Zentren, und dort zu einem Überlebenden, der viel mehr über die Welt weiß als er selbst und viele der anderen. Und der ihm ein paar Geheimnisse enthüllt.


Den Alben vorangestellt ist der zweite Teil des ausführlichen Dossiers von Patrick Gaumer, der weiter über das Leben Auclairs erzählt und dessen schwierigen Anfängen. Dabei gibt er auch einen schönen Überblick über die Comic-Szene der 70er, die einerseits von konservativen Künstlern und Redakteuren kontrolliert wird, die aber doch auf Dauer die jungen Männer nicht unterdrücken und ausbremsen können, die den Geschichten gerne eine gesellschaftskritische und politische Note geben wollen.

Daher klingen auch in Simon immer wieder dunkle utopische Gedanken an. Interessant dabei ist, dass gerade die bäuerliche und gemeinschaftliche Kultur in einer reichen ländlichen Region, in der die Menschen gelernt haben miteinander zu leben und sich zu helfen anstatt sich zu bekämpfen, als sehr positiv angesehen wird.

Allerdings vergisst der Künstler auch nicht die dunklen Seiten der menschlichen Natur, Neid und Gier, die viele in den Zeiten des Untergangs vorantreiben und zum Überleben bringen. Und diese dunklen Visionen dominieren, wenn auch verpackt. Immerhin ist Simon kein fehlerloser und unbezwinglicher Held, wie er immer wieder zeigt - denn letztendlich hinterlässt er nicht selten Trümmer oder gibt auf. Alles in allem macht ihn das sehr menschlich und sympathisch; zu jemandem, dessen Abenteuern man gerne folgt.

Auclairs Zeichnungen sind wie immer sehr detailreich und fein, die Farben verstärken die Atmosphäre der Szenarien. Der Eindruck ist rund, ebenso wie die in sich geschlossenen Geschichten.

„Simon vom Fluss“ setzt die Gesamtausgabe mit drei in sich geschlossenen Alben fort, die locker zusammenhängen und weitere spannende Facetten der dystopischen Welt zeigen. Ein langes und tiefgründiges Essay ergänzt die drei Geschichten mit interessanten Informationen.