Bentley Little: Haunted (Buch)

Bentley Little
Haunted
(The Haunted, 2011)
Übersetzung: Verena Hacker
Titelbild: Michael Schubert
Voodoo Press, 2013, Taschenbuch, 400 Seiten, 12,95 EUR

Rezension von Elmar Huber

„Seit dem ersten Tag, als sie in dieses Haus gezogen waren, hatte sie den Keller gruselig gefunden. Das meiste war wahrscheinlich kulturelle Akkumulation: diese ganzen Horrorfilme über Monster, die in Kellern hausten, diese ganzen Nachrichten über alte Damen die ihre Mieter umbrachten und die Leichen im Keller vergruben, oder diese geistesgestörten Männer, die ihre eigenen Töchter schwängerten und sie jahrelang angekettet unter ihren Häusern hielten.“

Schon kurz nach dem Einzug in ihr neues Heim entwickeln die Mitglieder der Familie Perry unabhängig voneinander eine Abneigung gegen den kleinen Keller, der sich unter der Küche befindet.

Albträume, sexuell-bedrohliche SMS, Gegenstände, die plötzlich woanders stehen, etc. sowie die ablehnende Haltung der Nachbarn, die plötzlich doch - von Neugier getrieben - bei der verspäteten Einweihungsparty auftauchen, verheißen nichts Gutes. An einen erneuten Umzug ist aufgrund der finanziellen Lage der Perrys nicht zu denken. So bleibt Julian Perry nichts anderes übrig, als sich der Präsenz zu stellen.

„Das ist ja das Seltsame. Es war nicht leer. Das Ehepaar war zu Hause. [...] Die Tür war nicht abgeschlossen... Er hat ein Fenster zerbrochen... Ich kann mich nicht genau erinnern, wie er hineingekommen ist. Aber die Gentrys sind nicht wach geworden, und er ist einfach in den Keller hinuntergegangen und... gestorben. [...] Er hat seine ganzen Klamotten ausgezogen, sich in eine Ecke gesetzt, und als sie ihn am Morgen gefunden haben, war er tot. [...] Es war, als wäre er in dieser Nacht gestorben, und aus irgendeinem Grund wollte er in Ihrem Keller sterben.“


Da muss ein Autor schon einen ausgereiften Plan in der Tasche oder eine wirklich frische Idee in der Schublade haben, um im Jahr 2011 mit einem ernsthaften Haunted-House-Gruselroman anzukommen. Was nun Bentley Little geritten hat, diesen Beitrag zu dem bereits reich beackerten Genre zu liefern, steht in den Sternen, denn von beidem ist hier weit und breit nichts zu spüren.

Viel eher hat man das Gefühl, alles schon mal gelesen oder gesehen zu haben. Weder gibt es Ausreißer im Figuren-Arsenal noch in den Situationen, die hier herbei geschrieben sind. Alles Durschnitt, alles Standard, alles gepflegte Langeweile. Der vermutlich als schleichend gedachte Spannungsaufbau wird realisiert, indem nach und nach alle alten und löchrigen Fetzen aus der Genre-Mottenkiste geholt werden. Und dass der Einfluss des Bösen zu sexueller Zügellosigkeit und schmutzigen Bett-Spielchen reizt, über die sich das Ehepaar Perry im post-koitalen Innehalten selbst schämt, das geht vielleicht 2011, doch so neu ist das nun auch nicht. Eddie Lee baut ganze Romane darauf auf.

Doch dies ist nur ein Punkt von Bentley Littles Checkliste, der abgehakt und wieder fallengelassen wird. Stattdessen zieht der Autor immer weiter die No-Gos ernstzunehmender Horror-Literatur aus seiner Ramschkiste und reiht sie ohne erkennbare Steigerung oder Entwicklung willkürlich aneinander.

Die Geistesblitze, dass ein Geist oder Dämon SMS verschickt, Nachrichten auf dem Computerbildschirm erscheinen lassen kann oder der Tochter des Hauses unter den Rock gucken will, könnte aus dem übelsten Groschenroman respektive C-Movie stammen. Ebenso nimmt die Präsenz verschiedene Formen an, wie sie gerade lustig ist, mal als bedrohlich grinsender Mann im Schatten, mal als unförmiger dunkler Nebel, dann wieder begnügt sie sich mit dem Verstecken von Wäschekörben oder dem Anhören von Dads alten Platten. Alles willkürlich und motivationslos. Die Krönung der peinlichen Ideen ist tatsächlich ein Gesicht, das Claire Perry in den Kalkflecken der Kloschüssel zu sehen glaubt und das sich nicht wegputzen lässt. Echt jetzt, Mr. Little?

Normalerweise kommt wenigstens Spannung auf, wenn die Historie eines verfluchten Objekts ergründet wird. Diesen Aspekt gibt es zwar, doch bleibt er ohne Verbindung in die Gegenwart.

Ganz passend ist das Finale dermaßen schwammig und hirnrissig, dass sich wenigstens ein komplett stimmiges Bild der Überflüssigkeit ergibt.

Ein Gutes hat der Roman immerhin. Bentley Littles Schreibe ist derart flüssig, dass sich das Ganze gerade so weg liest. Nee, sorry, zwei gute Sachen gibt es. Das Covermotiv von Michael Schubert ist auch ziemlich klasse und sehr schön bedrohlich geraten. Ein echter Blickfang.

Willkürlich und wirkungslos aneinander gepappte Haunted-House-Versatzstücke. So ausgelutscht wie nur etwas. Originell sieht anders aus.