J. H. Praßl: Thorn Gandir - Aufbruch - Chroniken von Chaos und Ordnung 1 (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Donnerstag, 07. Oktober 2021 11:01
J. H. Praßl
Thorn Gandir - Aufbruch
Chroniken von Chaos und Ordnung 1
Titelbild: Annelie Lamers & J. H. Praßl
Acabus, 2013, Paperback, 542 Seiten, 18,00 EUR (auch als eBook erhältlich)
Rezension von Carsten Kuhr
Er wurde, nicht unbedingt nach seinem eigenen Willen, zum General der Truppen ernannt. In den Schlachten gegen die aufständigen Sklavenheere sollte er dem Imperium Siege schenken, allein: er scheiterte.
Die Rede ist von Thorn Gandir, seines Zeichens Waldläufer, der im letzten Angriff der früheren Sklaven auf die Garnison der 14. Legion das Liebste verlor, das er auf der Welt besaß: eine Elfe, der er sein Herz geschenkt hatte.
In die Hauptstadt zurückgekehrt, muss er im Valianischen Senat den Senatoren Rede und Antwort stehen. Deren Vorsitzender, Antonius Virgil Testaceus, opfert ein Kind, einen Jungen, um von den Auguren eine Weissagung zu erbitten. Und er hat danach einen neuen Auftrag für Thorn Gandir. Zusammen mit ein paar undurchsichtigen Kameraden soll er dem Senator ein sagenumwobenes Zepter suchen und bringen.
Ihr Weg führt sie durch ein Reich, in dem Not und Elend ebenso alltäglich sind, wie Gewalt und Verrat. Ein Reich, in dem Viele darben und Wenige im Überfluss leben. Ein Reich, in dem der Krieg zwischen den Mächten der Ordnung und des Chaos tobt - und mittendrin Thorn Gandir, eine Söldnerin, ein Kriegspriester und ein Barbar - von denen allen er nicht weiß, wer ihn verraten wird…
Das Autoren-Ehepaar Preißl hat sich vor gut 20 Jahren beim Pen- & Paper- Rollenspiel kennen- und liebengelernt. Das damalige Game bildet die Grundlage für die achtbändige Saga um die „Chroniken von Chaos und Ordnung“, deren Umsetzung in Romane den Beifall der Leserschaft errungen hat. Nicht umsonst liegt bereits die sechste Auflage vor, bemühen sich die Verfasser immer wieder ihre Schöpfung auf Cons und bei Lesungen bekannter zu machen.
Nun ist dies bei Umsetzungen von Pen- & Paper-Rollenspielen in den Roman-Bereich immer eine Crux. Das, was man fürs Game entwickelt und entworfen hat ist über die Jahre gewachsen, wurde verändert, angepasst und überdacht. Die Spieler kennen das Ambiente, in dem die Handlung letztlich angesiedelt ist aus dem Effeff, wissen um Hintergründe, Historie und Völker. Dies in einen Roman - mehr noch, in den Auftakt einer auf acht Bände konzipierten Reihe - umzusetzen, ist nicht einfach.
Gleich zu Beginn merkt der Leser, dass er eben keinen „normalen“ Roman, der zumeist sorgfältig mittels Exposé entworfen und geplant wurde, in Händen hält. Man wird buchstäblich ins kalte Wasser geschmissen, lernt eine der wichtigen Figuren mitten in einer abenteuerlichen Flucht kennen - weiß aber schlicht nichts über Hintergründe oder den persönlichen Werdegang des Erzählers. Sprich, alles ist neu, teilweise verwirrend und wenig zusammenhängend. Das ist schon eine Herausforderung, wenn man sich dann plötzlich in dieser fertigen Welt zurechtfinden soll, zumal auch abrupte Wechsel der Erzählperspektive den Lesefluss immer wieder unterbrechen.
Dazu kommt, dass uns schlicht sehr viel Text erwartet. 542 klein gesetzte Seiten, relativ lange Kapitel, sehr unterschiedliche Sichtweisen und eine Vielzahl von auftretenden Völkern verlangen vom Leser Sitzfleisch und Konzentration.
Ich hatte erwartet, dass mich die Queste mit dem bekannten Figurenkabinett schnell in ihren Bann ziehen würde. Bis ich aber soweit kam, verging erst einmal Zeit. Hier war zunächst das Kennenlernen der politischen und landschaftlichen Besonderheiten der handlungsrelevanten Völker und Gebiete angesagt, was den Zugang zum Plot erschwerte.
Hat man diesen doch beschwerlichen Weg hinter sich gebracht und die sorgfältig ausgearbeiteten Charaktere kennengelernt, dann beginnt das Abenteuer.
So hat das Buch einen ambivalenten Eindruck hinterlassen. Der Einstieg fiel mir recht schwer, der Weltenbau ist, sobald man sich einmal eingelesen hat, dezidiert, die Figuren gut ausgearbeitet, stilistisch wie handwerklich ist das Buch ohne Tadel. Dennoch wurde ich persönlich nicht wirklich mit den Figuren und dem großen, sich sehr langsam abzeichnenden Geschehen warm. Hier hätte der Erzählung meines Erachtens eine Straffung gut getan.