Linus Junkmann: Introvertiert - Die leise Revolution (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 02. Oktober 2021 12:11
Linus Junkmann
Introvertiert - Die leise Revolution
Introvert: den tysta revolutionen
Bad Project, 2021, Taschenbuch, 306 Seiten, 9,99 EUR (auch als eBook erhältlich)
Rezension von Christel Scheja
Der schwedische Autor Linus Jonkman ist als Schriftsteller und Vorleser in seiner Heimat beliebt und verbindet seine Geschichten und Sachbücher mit jeder Menge Psychologie und einem Schuss Humor. In „Introvertiert - Die leise Revolution“ widmet er sich einem Thema, das auch ihn stark betrifft.
In den letzten sechzig bis siebzig Jahren ist die Extrovertiertheit zur gesellschaftlich anerkannten Norm geworden. Nur wer es schafft, sich als kontaktfreudig und flexibel zu erweisen, besitzt in den Augen der anderen eine hohe Sozialkompetenz; diejenigen, die es nicht sind, gelten als schüchtern, arrogant oder im schlimmsten Fall auch als psychisch krank, und werden gezwungen sich anzupassen.
Zwar kann man das tatsächlich bis zu einem gewissen Grad als Introvertierter erreichen, es kostet jedoch sehr viel Kraft und der Leidensdruck wächst. Denn wirklich los werden kann man sie nicht, da sie angeboren ist, die genetische Disposition bestimmt, ob man nachdenklich und zurückhaltend ist und seine Zeit braucht. Und in manchen Bereichen hat sie sogar Vorteile, wie sich vor allem im Wesen vieler Künstler und Autoren zeigt.
Der Autor beschreibt die Unterschiede zwischen Extrovertierten und Introvertierten in sämtlichen Lebensbereichen, garniert das Ganze auch mit entsprechenden Anekdoten und fasst nach jedem Kapitel zusammen, was er damit aussagen wollte.
Das Buch ist für alle gedacht: diejenigen, die Klarheit darüber suchen, warum sie anders ticken und nicht so können wie ihr Umfeld, aber auch für die Menschen, die ohne viel Nachzudenken nach Außen gehen, schnell Entscheidungen treffen und keine Probleme haben, sich anzupassen. Das Frustrierende daran ist, dass diese zurückhaltenderen Menschen viel weniger beachtet werden, sei es nun bei Leistungsbewertungen, Einstellungsgesprächen, auf Treffen und Feierlichkeiten.
Der Autor schöpft dabei aus seiner reichhaltigen Erfahrung, lässt die Leser an den Tücken des Lebens teilhaben und verrät, wie er damit zu leben gelernt hat, warum er sich damit wohlfühlt und wann er dann doch schon einmal Kompromisse eingeht.
Er hebt aber auch die Vorteile des Introvertierten hervor; diese sind einfach in der Lage, sich intensiver in Dinge hineinzuversetzen und bekommen nur selten Langeweile. Auch sie können sich leidenschaftlich auf ein Thema stürzen und Beziehungen aufbauen, selbst zu extrovertierten Menschen, wie er an seinem Beispiel zeigt.
Das Buch endet mit einem Hoffnungsschimmer, denn er selbst hat das Gefühl, dass langsam wieder ein Wandel eintritt und dass Introvertierte wieder mehr gesehen werden.
Ab und an werden Inhalte bewusst wiederholt, weil sie in mehrere Zusammenhänge passen. Der Autor macht den Introvertierten Mut, zu sich selbst zu stehen und sich nicht mehr als nötig zu verbiegen. Wichtig scheint ihm, deutlich zu machen, dass man auch mit diesen Wesenszügen aufsteigen kann. Und zugleich macht er deutlich, dass dies keine Krankheit ist, sondern ein Wesenszug, der bei jedem natürlich anders ausgeprägt ist.
Extrovertierte haben so ebenfalls die Möglichkeit, das restliche Viertel der Menschheit besser zu verstehen - wenn sie sich darauf einlassen wollen. Und wer herausfinden will, in welche Richtung er nun charakterlich geht, der kann am Ende des Buchs auch einen Test machen, der die entsprechende Einordnung erlaubt, wenn auch grob.
„Introvertiert - Die leise Revolution“ geht auf das Viertel der Menschheit ein, das eben nicht so tickt wie die Extrovertierten, die überall auffallen und sich laut in den Vordergrund schieben. Es bricht eine Lanze für die Zurückhaltenden und Nachdenklichen, macht ihnen Mut und klar, dass sie genetisch ebenso gepolt sind. Gleichzeitig versucht er dem Rest zu erklären, warum Introvertierte so ticken und dass sie sich eben so und nicht anders verhalten, um die verschiedenen Seiten näher zusammenzubringen.