Phillip P. Peterson: Universum (Buch)

Phillip P. Peterson
Universum
Tor, 2021, Paperback, 442 Seiten, 16,99 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Gunther Barnewald

In der Zukunft werden noch immer grausame, blutige Kriege geführt, obwohl man mittlerweile Raumschiffantriebe entwickelt hat, mit denen man sozusagen mit Überlichtgeschwindigkeit reisen kann, ohne allzu große Zeitdehnungen zu verursachen (fachlich Zeitdilatation; also kurze Reisen, während im Universum viel Zeit vergeht).

Obwohl der Menschheit nun das ganze Universum offen steht, wird immer noch erbittert miteinander gerungen. Mike Warnock war Soldat, und hat als solcher, durch das unkritische Ausführen eines Befehls, unsagbare Schuld auf sich geladen, warf er doch eine neuartige Bombe auf einen dicht bevölkerten Planeten, und löschte damit alles Leben dort aus.

Deshalb beschließt Mike mit seiner Frau und dem kleinen Sohn auf die entfernte Kolonie Omicron auszuwandern, werden er und seine Familie doch auf der Erde ihres Lebens nicht mehr froh. Mit dem Raumschiff „Challenger“, geführt von der wankelmütigen, psychisch instabilen und trinkfreudigen Kommandantin Christine Dillinger, will Warnock allen Anfeindungen entkommen.

Während Dillinger ihren letzten Job vor der Pensionierung nur geruhsam erledigen will, schlägt jedoch das Schicksal grausam zu: Der Antrieb hat eine Fehlfunktion und lässt sich nicht mehr deaktivieren. Und so reist die Challenger ungebremst in eine ferne Zukunft, während Crew und Passagiere versuchen, das Schiff zu stoppen...


Peterson gelingt hier das Kunststück, sowohl eine spannende Geschichte zu erzählen, als auch kantige (weil schwer angeschlagene) Charaktere zu entwickeln. Die unfähige Kommandantin und der unfreiwillige Massenmörder brillieren in einer extrem spannenden Handlung, die sich im weiteren Verlauf nicht nur in dem Versuch erschöpft, das Schiff anzuhalten, sondern auch noch deutlich darüber hinaus geht (aber zu viel soll hier nicht verraten werden).

Zwar ist das von Peterson aufgegriffene Sujet kein neues (einige SF-Autoren haben es bereits vor ihm entwickelt), aber der deutsche Autor kreiert hier eine Atmosphäre, die sich durch einen besonderen Sense of Wonder auszeichnet. Selbst wenn nicht jede Wendung und jeder Plot glaubhaft erscheinen (woher kommt eigentlich die Energie für den ewigen Flug durch die Unendlichkeit?), so verschwinden diese Bedenken angesichts der einfallsreichen und packenden Handlung schnell wieder.

Das Buch zu lesen macht einfach großen Spaß, der Spannungsbogen wird über die knapp 450 Seiten mühelos aufrechterhalten. Und auch wenn der Autor, wie seine Hard-SF-Vorbilder Baxter oder Clarke, kein großer Stilist ist, vergisst man dies bei der Lektüre völlig und fiebert mit den sympathisch unzulänglichen Charakteren auf dem Schiff mit, die nicht nur um ihr Überleben kämpfen, sondern auch um einen weiteren Kontakt mit jedweder menschlichen Zivilisation.

„Universum“ ist eine tolle Geschichte, brillant erdacht und gut erzählt; Lesevergnügen pur, trotz kleinerer Schwächen.