Jonathan Carroll: Das Land des Lachens (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Freitag, 17. September 2021 12:46
Jonathan Carroll
Das Land des Lachens
(The Land of Laughs, 1980)
Übersetzung: Rudolf Hermstein
Heyne, 2021, Paperback, 366 Seiten, 12,99 EUR (auch als eBook erhältlich)
Rezension von Carsten Kuhr
Thomas Abbey hatte keine einfache Kindheit. Als Sohn eines berühmten, ja gefeierten Schauspielers stand er immer im Schatten dieses übermächtigen Vaters, zog sich innerlich zurück und verlor sich in seinen Büchern. Hier, insbesondere in Marshall Frances Roman „Das Land des Lachens“, fand er eine Refugium, eine Heimat die ihn letztlich dazu bewog, die Laufbahn als Englischlehrer einzuschlagen.
Er ist von seinem Lieblingsbuch und dessen Verfasser begeistert, beinahe schon besessen. Zusammen mit seiner Freundin Saxony Gardner beschließt er, in die Heimatstadt seines Idols zu reisen um dort auf den Spuren seines Vorbilds zu wandeln und für eine Biographie zu recherchieren.
Doch Galen in Missouri ist so ganz anders, als sie sich das kleine Städtchen vorgestellt haben. Es gelingt Thomas Kontakt zur Tochter Frances aufzunehmen, erhält Einblick in die Aufzeichnungen seines Idols; dann aber begegnet er gar merkwürdigen Wesen - sprechende Hunde etwa und…
Jonathan Carrolls Debütroman zählt zu den gefeiertsten Büchern der modernen Phantastik. Der damals in Wien lebende Autor hat ein leises Buch geschrieben, ein Buch, in dem es weder Splatter- noch sonstige Schockelemente gibt, das zunächst ganz in der Realität zu fußen scheint.
Mit leichter Hand zeichnet der Verfasser seine Charaktere mit, denen die Leserinnen und der Leser schnell warm werden. Man bedauert den Jungen, versteht seine Einsamkeit, sein Gefühl den Ansprüchen seines übermächtigen Vaters nicht entsprechen zu können und seine daraus folgende Flucht in die Welt der bedruckten Seiten. Auch die Zeichnung des kleinen, fiktiven Städtchens ist bestechend. Mit einigen wenigen Sätzen baut der Autor die Kulisse auf, in der er dann fast unmerklich seine wenigen, sehr dosiert - aber gezielt - eingesetzten phantastischen Szenen einfließen lässt. Immer mehr zieht Carroll den Rezipienten in seinen Plot, verzaubert ihn mit seinen so ganz anderen, leisen phantastischen Sequenzen, die in eine ganz besondere Atmosphäre münden.
Ich konnte das Buch weder bei der Erstlektüre noch jetzt, als ich es erneut goutierte, aus der Hand legen - zu sehr war ich gebannt von dem Ich-Erzähler, seiner Suche nach den Geheimnissen und der so ganz ungewöhnlichen Auflösung selbiger.
„Das Land des Lachens“ ist ein mehr als ungewöhnliches, ein leises doch mächtiges Buch, das seine Leser in seinen Bann zieht und für dessen Neuausgabe man dem Verlag nur danken kann!