Jin Yong: Der Schwur der Adlerkrieger (Buch)

Jin Yong
Der Schwur der Adlerkrieger
(Shediao yingxiong zhuan 2, 1959/1976/2003)
Übersetzung: Karin Betz
Heyne, 2021, Paperback, 558 Seiten, 16,99 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Die moderne Fantasy-Literatur wird von den angloamerikanischen Vorbildern dominiert. Ausgehend von Tolkiens „Der Herr der Ringe“ über die Zyklen von David Eddings, Raymond Feist oder Terry Brooks bis hin zu George R. R. Martins  Das Lied von Feuer und Eis“, Robert Jordans „Rad der Zeit“ oder Brandon Sandersons „Sturmlicht-Chroniken“ sowie heimischen Ablegern aus der Feder von Bernhard Hennen, Richard Schwartz oder Markus Heitz erwartet die Leserin und den Leser eine zumeist archaische Welt bevölkert mit unterschiedlichen Rassen und eine abenteuerliche Queste.

Die deutschen Verlage kredenzen uns darüberhinaus wenig vom erfolgsgewohnten Abweichendes aus anderen Ländern. Andrzej Sapkowskis „Hexer“-Saga, dazu Lucia Troisis Zyklen; ein paar französische Autoren wurden auch ausprobiert, konnten sich letztlich am Markt aber nicht wirklich durchsetzen.

Da ist es nicht nur bemerkenswert, sondern mutig, dass die Herausgeber bei Heyne uns eine fernöstliche Fantasy offerieren. Natürlich kommt uns Lian Hearns "Otori“-Reihe hier sofort in den Sinn, auch Kai Meyer begab sich bereits einmal nach Fernost, aber einen Fantasy-Zyklus eines chinesischen Autors zu veröffentlichen, das ist etwas Besonderes. Dass man bei Heyne mit chinesischer Science Fiction aus der Feder Cixin Lius gute Erfahrungen gemacht hat, stieß die Tür sicherlich auch ein Stück weit auf.

Etwas plakativ hat man von Seiten der Werbeabteilung das Werk mit Tolkiens Schöpfung verglichen, obwohl es definitiv alleine stehen kann.

Inhaltlich bietet der Verfasser Vieles von dem auf, was wir aus entsprechenden Kinofilmen kennen. Der waffenlose wie auch bewaffnete Kampf nimmt einen breiten Raum ein, die Bedeutung von Ehre und Pflichterfüllung, die im alten, kaiserlichen China wichtige Bestandteil des Lebens war, fließt ebenfalls in die Handlung mit ein. Daneben atmet der Plot den Duft des alten chinesischen Kaiserreichs, wie wir es auch Filmen kennen.

Was das Buch aber dann dominiert ist die ganz besondere Art, wie der Autor uns seine Geschichte stilistisch präsentiert. Je nachdem aus welcher sozialen Schicht der jeweilige Protagonist stammt, spricht dieser unterschiedlich, nutzt andere Ausdrucksweisen, ja ein differenziertes Vokabular. Dies hat die Übersetzerin sehr schön ins Deutsche übertragen.

Verbunden hat der Verfasser dies erneut mit einer spannenden, teilweise rasanten Handlung, in der wir dem Kung-Fu-Kämpfer Guo Jing und der Rebellin Huang Rong bei ihrer Suche nach dem verschollenen Buch „Der wahre Weg der neuen Yin“ folgen.

Noch nicht absehbar ist, wann Heyne den abschließenden Teil der Trilogie vorlegen wird.

Für alle, die einmal abweichend vom Üblichen in eine andere Art der Fantasy hineinschnuppern wollen, dürften die beiden umfangreichen bei Heyne erschienen Romane einen Versuch wert sein.