Simon Clark: Vampyrrhic (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Freitag, 29. Oktober 2010 10:17

Simon Clark
Vampyrrhic
(Vampyrrhic)
Aus dem Englischen übersetzt von AZMO und Ernst Wurdack
Titelillustration von Jacek Kacynsky
Wurdack, 2010, Paperback mit Klappenbroschur, 446 Seiten, 14,95 EUR, ISBN 978-3-3938065-55-6
Von Carsten Kuhr
Willkommen in Leppington – so zumindest steht es auf dem Bahnhofsschild. Dr. David Leppington hat seine Heimatstadt lange nicht mehr gesehen. Im Alter von 6 Jahren verließ er die schon damals im Niedergang befindliche Stadt zehn Meilen nordwestlich der Hafenstadt Whitby im nördlichen Yorkshire. Einzig die großen Schlachthöfe versorgen die Ortsansässigen, nachdem die Wurstkonservenfabrik ihre Tore schloss, noch mit Arbeit, halten einige wenige der Bewohner in Lohn und Brot.
Nun beabsichtigt einer der beiden örtlichen Ärzte seine Praxis altershalber aufzugeben, die Chance für den jungen Mediziner Leppington auf den Spuren seiner Familie zu seinen Wurzeln zurückzukehren. Was er noch nicht weiß ist, dass einer seiner Vorfahren – George Leppington – vor Generationen einen unheiligen Pakt gegen das aufkommende Christentum schloss. Zusammen mit drei Mitverschwörern sollten sie mittels untoter Krieger die Christen bekämpfen und Thor und seine nordischen Göttergefährten an der Macht halten. Seitdem existiert, von den Abfällen des Schlachthofs wohlgenährt und hinter starken Gittern im Untergrund der Stadt eingeschlossen, ein Heer von bluthungrigen Monstren.
Im Hotel trifft David auf drei Mitstreiter, mit denen zusammen er in den nächsten rund sechzig Stunden auf eine Tour de Force gehen wird. Neben der Inhaberin des Bahnhofhotels, der ehemaligen TV-Moderatorin Electra Charmwood, und ihrer Dauerbewohnerin Bernice Mochardi, gesellt sich ein Ex-Knackie zu dem Trio. Jack Black, der in England als historischer Rattenjäger von London einen gewissen Ruf innehat, ist ein brutaler, von keinem Gewissen belasteter Schläger. Eigentlich ein Unsympath wie er im Buche steht, der aber mal stärker, mal schwächer die Gedanken seiner Mitmenschen hört. In den nächsten Tagen machen sich die Vampire, aus dem Untergrund befreit, daran, den Menschen des Örtchens das Grauen zu lehren. Es ist an unserem Quartett, sich dem Ansturm der tumben, nichtsdestotrotz gefährlichen Untoten in den Weg zu stellen – und wenn es sein muss, mit der Kettensäge...
Vampire – ein Topic, das von Autoren aus aller Welt zwischenzeitlich weidlich ausgebaut wurde. Wir haben von zweifelnden, nach Vergebung suchenden Vampire erfahren dürfen (Anne Rice), romantische und erotische Blutbeißer kennengelernt und Jungmädchenträume angesichts Bissorgien wahrwerden sehen. Auf der Strecke blieb dabei die untote Bestie, der es nur um Eines geht – ihren instinktiven Drang nach menschlichem Blut zu befriedigen. Und genau dies liefert uns Simon Clark in seinem bereits 1998 veröffentlichten Roman, dem er bislang zwei Fortsetzungen folgen ließ. Bei ihm verfügen die Nosferatu zwar auch über einen gewissen Zauber, mit dem sie ihre Opfer in ihren Bann ziehen, doch mit Erotik und großen Gefühlen hat das Ergebnis nichts mehr zu tun. Das Gebotene, die Angriffe der Vampire, wird ohne Scheuklappen und blitzlichtartig in all seiner Brutalität und Splatter beleuchtet. Das ist weit vom Zeitgeschmack der Bestsellerlisten entfernt, und das ist gut so!
Nichts da mit den weichgespülten Beaus, die voller Hingabe der körperlichen Minne frönen, stattdessen heizt der Hunger nach Blut den Untoten ein. Insofern ist der Roman, der langsam beginnt, uns zunächst seine vier Hauptfiguren vorstellt bevor es zur Sache geht, nichts für pubertierende Mädchen oder schwache Nerven. Hier erwartet den Leser ein wahres Fest an Gore, an dem Freddy Krueger seine Freude hätte. Das ist hart, gewaltbetont und direkt, das hat Tempo und schockt auf einer herrlich, lang vermissten, Art und Weise.
Wer derartiges Lesefutter goutiert, der findet in der angenehm zu lesenden Übersetzung endlich einmal wieder ein aufrüttelndes, blutiges Leseerlebnis.