Gruselkabinett 170: Eine wahre Vampir-Geschichte, Eric Stenbock (Hörspiel)

Gruselkabinett 170
Eine wahre Vampir-Geschichte
Eric Stenbock & Marc Gruppe (Script)
Sprecher: Ariane Borbach, Luisa Wiezorek, Bene Gutjahn u.a.
Titelbild: Ertugrul Edirne
Titania Medien, 2021, 1 CD, ca. 60 Minuten, ca. 8,99 EUR

Rezension von Christel Scheja

Wieder hat Marc Gruppe einen neuen Autor für die „Gruselkabinett“-Reihe ausgegraben: Graf Eric Stanislaus Stenbock (1860-1895) war ein baltisch-schwedischer Dichter und Autor makabrer phantastischer Fiktion, der hierzulande kaum bekannt ist. So betritt der Hörer mit „Eine wahre Vampir-Geschichte“ Neuland.


Die junge Carmela lebt zusammen mit ihrem Bruder Gabriel und ihrem Vater Baron Wronski die meiste Zeit in einem Schloss in der Steiermark. Die junge Frau vergöttert wie alle anderen auch ihren kleinen Bruder Gabriel, der eher schüchtern ist und die Nähe von Tieren vorzieht. Doch dann bringt der Vater einen Gast mit, der schon bald das Leben auf dem Anwesen verändert. Ein düsteres Geheimnis umgibt den Grafen Grigori Vardalek, dem es vor allem einer angetan hat…

 

Das Hörspiel gehört zu denen, die eher leise und ruhig daher kommen und denen man zugestehen muss, auf den ersten Blick ein wenig kitschig zu wirken. Vermutlich klingt auch die Vergötterung des süßen Gabriel für moderne Ohren ungewohnt, aber gerade die Übertreibungen haben ihren Grund. Denn so wird die Verführung der ganzen Familie bis auf Carmela deutlich hervorgehoben. Sie verfällt dem Charme des Fremden nicht, der sich bei den anderen umso mehr einschmeichelt.

Es ist nicht die erste Adaption, die geschickt aber unverhohlen erotische Untertöne einfließen lässt und genau diese Seite des Vampirismus in den Mittelpunkt stellt.

Der Verlust der Unschuld macht sich vor allem bei Gabriel bemerkbar, auch wenn dieser nur bei Grigori auftaut. Und wenn sich jemand wundert, dass die Stimme dieses Charakters fast erwachsen klingt - auch das hat bei dem heiklen Thema einen guten Grund. Der Charakter der Carmela wird ebenfalls ausgezeichnet gesprochen, zeigt es doch auch die Veränderungen und den Reifeprozess, die in der jungen Frau vorgehen.

Herausragend ist auch der einschmeichelnde Graf, der das Unheil über die Familie bringt. Das mag zwar nicht actionreich und brutal geschehen, wenn man sich auf die Dialoge und die Stimmen einlassen kann, baut sich aber dennoch eine angenehme Spannung auf - und der Grusel-Faktor wird durch Musik und Geräusche noch verstärkt.

„Eine wahre Vampir-Geschichte“, das 170. „Gruselkabinett“-Hörspiel, entfaltet seinen Zauber bei genauem Hinhören, denn die Spannung entsteht durch die feinen erotischen, aber auch bitterbösen Untertöne, wie sie für die Schauer-Romantik und gerade im Zusammenhang mit Vampiren so typisch sind.