Kevin Hearne: Tinte & Siegel - Die Chroniken des Siegelmagiers 1 (Buch)

Kevin Hearne
Tinte & Siegel
Die Chroniken des Siegelmagiers 1
(Ink & Sigil, 2020)
Übersetzung: Friedrich Mader
Titelbild: Sarah J. Coleman
Hobbit Presse, 2021, Paperback, 378 Seiten, 15,00 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Tag auch, darf ich mich vorstellen? Al MacBharrais der Name, von Beruf Inhaber einer Druckerei in Glasgow, Schottland. Wer mich näher kennt, das sind wenige, der weiß, dass sich hinter meinem gezwirbelten Schnurrbart und meiner Zuneigung zu Gebranntem - egal ob Gin oder schottischen Whiskey - einer von nur fünf auf Erden weilenden Siegelmagier verbirgt.

Unsere Aufgabe ist es, über den mühsam ausgehandelten Frieden zwischen den Welten der Sidhe, der Götter und übernatürlichen Wesen, und der Menschenwelt zu wachen.

Inzwischen habe ich die 60 überschritten, so dass es Zeit wird, einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin anzulernen - schließlich möchte ich mir meinen Hintern nicht mehr allzu lange an zugigen Ecken abfrieren.

Dumm dabei, dass meine Lehrlinge den Löffel abgeben. Unfälle allesamt, aber gleich sieben Stück hintereinander? Das fühlt sich nicht mehr natürlich an, vielleicht ein Fluch der mir angehängt wurde, wobei ich einen solchen schon mit mir herumtrage.

Als ich den Tod meines letzten Eleven untersuche, stoße ich auf einen gefangenen Hobgoblin, den mein verstorbener Lehrling - natürlich ohne mein Wissen oder Billigung - zu wissenschaftlichen Zwecken gefangen hat und weiterverkaufen wollte. All dies höchst verboten und eigentlich unvorstellbar.

Zusammen mit dem Hobgoblin und meiner Managerin mache ich mich daran, das Mysterium aufzuklären - und stoße auf weit mehr, als jemals gedacht oder befürchtet...


Mit „Die Chronik des Eisernen Druiden“ (Hobbit Presse) hat Kevin Hearne die Urban Fantasy bereichert. Die Welt des unsterblichen Druiden, der sich mit Götterpantheonen, mystischen Wesen und Verbrechern anlegt, zählte zu den besseren, weil unterhaltsameren Reihen des Subgenres. Nach einem Ausflug in die High Fantasy („Fintans Sage“, Knaur) kehrt er mit dem Auftakt einer neuen Serie zu seinem ursprünglichen Hausverlag zurück.

Und er orientiert sich an seinem Erfolgsrezept - sprich einem magisch begabten Mann, der sich mit allen anlegt um der Gerechtigkeit auf die Sprünge zu helfen. Statt eines irischen Druiden (der mittlerweile in den Staaten lebt), darf vorliegend ein Magier aus Schottland antreten; ansonsten ähnelt sich die Grundanlage des Erzählers. Ein Unikum; kantig, geschlagen, verfolgt aber eben auch mutig, dickköpfig und aktiv - ein Protagonist, dem man gerne ins Abenteuer folgt.

Passenderweise übernimmt der Autor seine Welt aus der Druiden-Saga gleich mit, so dass sich weder Autor noch Leser hier groß umgewöhnen müssen. Ein Spin-off also, so nennt man das wohl neudeutsch.

Waren einige der letzten Druiden-Romane nicht mehr wirklich packend, merkt man vorliegendem Band an, dass Hearne unheimlich Lust aufs Fabulieren verspürt hat. Seine Beschreibungen des etwas kauzigen Magiers geben dem Autor Gelegenheit nicht nur Werbung für schottischen Gin und Whiskey zu machen, sondern auch ernste Themen anzuschneiden. Seine Ausführungen zum Menschenhandel und zur Zwangsprostitution kann man nur voll teilen und sind in einem Fantasy-Roman wahrlich nicht üblich. Respekt, Mr. Hearne.

Ansonsten merkt man dem Roman an, dass der Autor hier keinen Einzelband schrieb, sondern den Auftakt zu einer Serie. Figuren werden vorgestellt und platziert, die vermutlich in den nächsten Teilen weiter ins Scheinwerferlicht rücken werden, die Welt der Siegelmagier beschrieben und Kontakte geknüpft. Dass Hearne dabei das Erzählen nicht vergisst und den Leser mit einer interessanten, spannenden Handlung an die Seiten bannt, sei erwähnt.

So wartet ein unterhaltsamer Polt auf den Leser und ist dies ein Auftakt, der gelungen ist, der durch die kantigen Figuren besticht und neugierig darauf macht, wie es weitergehen wird.