Gespenster-Krimi 34: Die Brut aus der Gräberstadt, Camilla Brandner (Buch)

Gespenster-Krimi 34
Die Brut aus der Gräberstadt
Camilla Brandner
Titelbild: Rudolf Sieber-Lonati
Bastei, 2020, Romanheft, 68 Seiten, 1,90 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Elmar Huber

„Der UOB, sagten sie, sei so unermesslich groß, dass er mit dem grenzenlosen schwarzen Ozean eins wurde. Er sei blind und taub, sprachlos und reglos, aber in seiner formlosen Hülle hauste ein ungeheuer mächtiges Bewusstsein, das sich Risse und Sprünge um Gewebe der Wirklichkeit zunutze machte, um in die Gedanken und Träume der Menschen einzudringen.“

Um einen Bericht für die Kategorie ‚Ungelöste Rätsel‘ zu schreiben, nimmt sich Journalist Jens Heilbach einen fünf Jahre alten Fall vor. In Bruchtal sind damals zwei Kinder unter mysteriösen Umständen verschwunden. Augenscheinlich wurden sie durch ein Loch förmlich in den Boden gesaugt.

Besteht ein Zusammenhang zu der unterirdischen ‚Heidenkirche‘ von Bruchtal, in die sich die Anhänger der alten Götter während der Christianisierung geflüchtet haben? Auch heute soll dort noch ein Kult, ‚die Kinder des UOB‘, aktiv sein, der einen vorchristlichen Gott verehrt. Und stellt der zwielichtige Altertumsforscher Petrus Kollonis deswegen heute Ausgrabungen in dem Ort an?

„Das Gerede über die entführten und geschlachteten Kinder und Jungfrauen kam schon zu Römerzeiten auf. In Wirklichkeit begann der Kult aber schon lange vorher. Wir wissen heute überhaupt nicht mehr, welcher urzeitliche Gott dort unter dem Namen UOB verehrt wurde. Aber auf jeden Fall war es ein ziemlich unsympathischer Gott, der für Abgründe und Finsternisse zuständig war.“


Carmilla Brandner legt mit „Die Brut aus der Gräberstadt“ einen Roman der Kategorie Regional-Grusel vor, der sich an einigen lovecraftschen Motiven bedient. Zu Beginn mutet das Örtchen Bruchtal, in das es Jens Heilbach verschlagen hat, wie ein Innsmouth-Pendant an. Ein Museumsführer weiß Geheimnisvolles von krötenähnlichen Wesen, alten Göttern und einem geheimen Kult zu berichten und auch die Bewohner Bruchtals machen einen degenerierten Eindruck auf den Journalisten.

Die Atmosphäre stimmt also, doch Camilla Brandner hat ihre Geschichte derart ungewöhnlich aufgebaut, dass sich kein erkennbarer Handlungsfaden aus dem Geschehen herauskristallisieren will. Heilbach eiert in Bruchtal herum, schnappt Dieses und Jenes auf, immer schön mysteriös, gerät jedoch nicht auf einen nachvollziehbaren Weg.

Zur Hälfte des Romans verlässt die Autorin plötzlich Heilmann und bringt völlig unvermittelt Miriam Hannay ins Spiel, die zufällig Kontakt zu einigen parapsychologischen Experten pflegt. Ihre plötzliche Motivation, bei diesen bezüglich der Bruchtaler Ereignisse vorzusprechen, wird auch nicht klar. Überhaupt lesen sich diese Szenen, als müsste man Miriam und die Herren Experten kennen; es wird auf einen alten ‚Fall‘ verwiesen, bei dem sie sich kennengelernt haben.

Der Roman hat zweifellos seine sehr guten, atmosphärischen Momente und spielt auf gelungene Art mit bekannten Motiven. Fans von Barbara Büchner und Michael Siefener werden sich hier stellenweise wohlfühlen. Allerdings ist die Story alles andere als rund und auch nur notdürftig abgeschlossen.

Hinter dem Pseudonym Camilla Brandner dürfte sich sehr wahrscheinlich tatsächlich Barbara Büchner verbergen. Die Figuren Miriam Hannay, ihr Onkel Norman Laurids wie auch Heinrich Pratt von der ‚Agentur‘ treten auch in dem Büchner-Roman „Der verschleierte Orden“ auf.

Das Cover-Motiv wurde erstmals für Dan Shockers „Macabros“ 4, „Konga, der Menschenfrosch“ verwendet und hat mit dem vorliegenden Roman nichts zu tun.