Joe Hill: Im tiefen, tiefen Wald (Comic)

Joe Hill: Im tiefen, tiefen Wald
(The Low, Low Woods 1-6, 2020)
Autorin: Carmen Maria Machado
Zeichnungen: Dani
Übersetzung: Gerlinde Althoff
Panini, 2020, Paperback, 160 Seiten, 19,00 EUR

Rezension von Christel Scheja

Erneut präsentiert Joe Hill eine Comic-Geschichte, die nicht von ihm stammt sondern in diesem Fall aus der Feder von Carmen Maria Machado, die zusammen mit der Künstlerin Dani das Grauen in einer kleinen Stadt entfesselt. Denn „Im tiefen, tiefen Wald“ gehen seltsame Dinge vor sich.


Die Stadt Shudder-to-think hat ihre besten Zeiten lange hinter sich. Zwar konnte man eine Zeit lang gutes Geld mit dem Schürfen von Kohle verdienen, aber seit in den Stollen seltsame Dinge vor sich gehen und ein Teil des schwarzen Goldes in Brand geraten ist, geht die Stadt immer mehr vor die Hunde.

Aber das ist nicht das Einzige, was dort eine beklemmende Atmosphäre schafft. Einst sind die Freundinnen Eldora und Octavia nur knapp einem seltsamen Geschöpf im Wald entkommen, Jahre später fehlt ihnen nach einem Kino-Besuch jegliche Erinnerung an die letzten Stunden. Holt sie der Fluch, den so viele andere Frauen in der Stadt schon heimgesucht hat, nun ebenfalls ein? Die Suche nach Antworten stellt nicht nur ihren Mut, sondern auch ihre Freundschaft auf die Probe.


Inspiriert von dem realen Minenbrand von Centralia in ihrer Heimat Pennsylvania hat die Autorin die Geschichte weitergesponnen. Sie selbst kennt das Leben in den verarmten Minenstädten nur zu genau und zeichnet so ein düsteres Bild, das näher an der Realität ist als man denkt, garniert mit einem guten Schuss Horror.

Aber das Grauen ist nicht ganz so offensichtlich wie man zunächst denken mag, erst nach und nach enthüllt sich die schreckliche Geschichte des Ortes und das, was Mädchen und Frauen von den wahren Bestien angetan wird.

Eine Hexe hat scheinbar ihre Finger im Spiel, aber auch da ist die Wahrheit anders als man vermutet - und während die eine Freundin nur noch vergessen will, setzt die andere alles daran, um die Wahrheit herauszufinden.

Wieder einmal ist die mystische Seite das, was man daraus macht; die Grausamkeit und Brutalität liegt eher in den Händen derer, die die Macht missbrauchen - und genau dies fängt die Autorin gelungen ein. Zugleich präsentiert sie ein mutiges Pärchen, das in dieser in sich geschlossenen Gesellschaft vermutlich nicht gerne gesehen wird; zwei Freundinnen, die eng miteinander verbunden sind und keinen Mann zwischen sich kommen lassen.

Alles in allem ist die Geschichte gut getaktet und die Hinweise sind geschickt eingestreut, so dass die Spannung niemals wirklich nachlässt und am Ende auch die Handlung sauber und logisch abgeschlossen wird.

Der Zeichen-Stil und die Farbgebung passen zur Geschichte und spiegeln die schmutzige Realität mehr als deutlich wider.

Auch in diesem Fall sorgt Joe Hills Name vermutlich dafür, dass die Geschichte mehr Aufmerksamkeit erhält, aber die Qualität der düsteren Geschichte spricht auch alleine für sich. „Im tiefen, tiefen Wald“ ist eine mystische Geschichte, deren wahrer Horror in der von Grund auf verdorbenen und pervertierten menschlichen Gesellschaft liegt, die in dieser Stadt das Sagen zu haben scheint.