Das Schwarze Auge 116: Verrat – Answin von Rabenmund 2, Michelle Schwefel (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 02. Oktober 2010 20:28
Das Schwarze Auge 116
Verrat – Answin von Rabenmund 2
Michelle Schwefel
Titelbild von Arndt Drechsler
Karte von Ralph Hlawatsch
FanPro, 2010, Taschenbuch, 400 Seiten, 10,00 EUR, ISBN 978-3-89064-455-4
Von Christel Scheja
In der als Tetralogie geplanten Serie um Answin von Rabenmund erzählt Michelle Schwefel die Story einer der schillerndsten Figuren aus den letzten fünfzig Jahren der aventurischen Geschichte, deren Treiben die Leser als Rollenspieler noch in so manchen Abenteuern miterleben konnten.
Im ersten Band fing es mit dem Aufstieg des jungen Answin unter dem Schutz und der Führung seines Onkels Reto an, der als tatkräftiger Heerführer und gerissener Intrigant die Macht im Mittelreich an sich reißen konnte und sich zum neuen König und Kaiser krönen ließ. Damals allerdings erfuhr Answin auch von dem Geheimnis um seinen Sohn Hal und musste einen heiligen Eid schwören, diesen niemals zu verraten. An der Seite des Kaisers stieg Answins zum Kanzler auf, auch wenn er dadurch die Herrschaft über Darpatien verlor. Aber die Aussicht, quasi der zweite Mann im Reich zu sein, konnte ihn darüber hinweg trösten.
Allerdings hat sich nun, seit Hal regiert, einiges geändert. Zwar vertraut der neue Kaiser Answin immer noch, aber er hat auch neue Günstlinge an den Hof geholt, so wie Dexter Nemrod, den Chef des kaiserlichen Geheimdienstes, dem der Rabenmund schon lange ein Dorn im Auge ist. Die Intrigen spitzen sich mit den Jahren zu. Dazu kommt, dass sich Hal durch verschiedene Zwischenfälle immer mehr ängstigt, dass sein Geheimnis aufgedeckt werden könnte, so dass er einen Weg sucht, sich nicht mehr der Nähe des Volkes auszusetzen. Das entfremdet ihn immer mehr von den Menschen und dem Reich. Da Answin sieht, dass das Verhalten seines Vetters dem Land Schaden zufügt, beginnt er, sich immer mehr von ihm abzuwenden und die Konsequenzen zu ziehen, vor allem als Hal selber ihm die Waffen dafür in die Hand gibt.
Michelle Schwefel kleidet den kargen Rahmen der bekannten Biographie von Answin von Rabenmund in eine lebendige Handlung, die in die nicht all zu ferne Vergangenheit zurückführt. Die Geschichte ist sehr bewegt und personenbezogen erzählt, so dass man schnell eine Bindung zum Titelhelden, seinen Freunden und Feinden entwickelt. Die Intrigenspiele sind dadurch sehr gut zu verstehen, ebenso die Motivation der einzelnen Parteien Natürlich gibt es auch die eine oder andere spannende und dramatische Szene, aber im allgemeinen bleibt es doch eher ruhig, da sich Michelle Schwefel sehr viel Zeit nimmt, die Ränke und Pläne am Kaiserhof auszuführen, die Answin von Rabenmund am Ende letztendlich zu Fall bringen. Das tut sie zwar mit viel Gefühl, aber ohne Kitsch und Klischees. So können vor allem Spieler, die noch nicht so lange dabei sind, einen Eindruck von den Figuren bekommen, die gerade die frühen Jahre des Rollenspiels bestimmt haben. Wieder sind die Charaktere – mit wenigen Ausnahmen – sehr lebendig und vor allem vielschichtig dargestellt. Man erfährt von den Leidenschaften und Freuden Answins, seinen Wünschen und den Motiven, die ihn letztendlich dazu bringen, Verrat zu begehen. Interessant ist auch die Entwicklung Hals, der aufgrund eines gewissen Handicaps den Boden unter den Füßen verliert. Allein Dexter Nemrod bleibt immer noch sehr blass, ist einfach nur der eiskalte Taktiker im Ringen um die Macht.
Alles in allem ist „Verrat“ vor allem für die Leser und Spieler interessant, die sich sehr für die aventurische Geschichte interessieren, aber bereits einige Vorkenntnisse haben, was die Figuren angeht. Das Buch gehört wie sein Vorgänger „Macht“ zu den Highlights der Serie und lässt darauf hoffen, dass auch der dritte und vierte Band der Lebensgeschichte Answin von Rabenmunds spannend und bewegt bleiben.