S. T. Joshi: H. P. Lovecraft - Leben und Werk Band 2 (Buch)

S. T. Joshi
H. P. Lovecraft - Leben und Werk Band 2
(1925-1937)
(I am Providence - The Life and Times of H. P. Lovecraft)
Übersetzung: Andreas Fliedner
Titelbild: benswerk
Golkonda, 2020, Hardcover, 670 Seiten, 39,90 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Der „Einsiedler von Providence“, so zumindest nennen viele H.P. Lovecraft - ohne ihn wohl wirklich zu kennen oder sorgfältig recherchiert zu haben. S. T. Joshi nimmt sich in diesem zweiten, erneut umfangreichen Band der Zeit zwischen 1925 und 1937 an.

Nach seinem Aufenthalt in New York und der Ehe mit Sonia Greene (von der er sich trennt), kehrt Lovecraft in sein geliebtes Providence in Rhode Island zurück. Hier pflegt er seinen umfangreichen Briefwechsel mit seinen Schriftsteller-Freunden, hier findet er Zeit und Muse für neue Texte und hier arbeitet er nicht nur als Autor, sondern auch als Lektor, Ghostwriter und Herausgeber.

Entgegen der landläufigen Meinung war Lovecraft beileibe kein menschenscheuer Einsiedler. Er pflegte nicht nur mit weit über 50 verschiedenen Gleichgesinnten einen regen Gedankenaustausch mittels Briefen, immer wieder er auch besuchte er einzelne seiner Freunde.

In dieser Zeit entstanden die wohl bedeutendsten Werke aus seiner Feder; „Die Farbe aus dem All“, „Der Fall Charles Dexter Ward“ etwa wurden damals verfasst. Erstaunlich ist, dass Lovecraft selbst seine Erzählungen nie unter dem Oberbegriff „Cthulhu Mythos“ zusammengefasst sondern immer von seinem „Arkham Zyklus“ gesprochen hat.

1937 starb Lovecraft dann an Krebs.

Joshi beleuchtet aber auch die Zeit nach Lovecrafts Tod.

August Derleth und Donald Wandrei gründeten „Arkham House“, einen Spezialverlag in dem sie die Werke ihres verstorbenen Freundes neu auflegten - und so erst dazu beitrugen, dass Lovecrafts Oeuvre einer breiteren, gehobeneren Leserschicht bekannt wurde.


Die Pulps, in denen Lovecraft und seine Freunde publizierten, waren, wie bekannt, auf billigem, stark holzhaltigem Papier gedruckt, richteten sich an eine Käuferschicht, die die kurze Ablenkung vom tristen Alltag suchte. Entsprechend wurden die Periodika, in denen Lovecraft veröffentlichte, nach der Lektüre zumeist im Müll entsorgt. Erst die Sammlung in deutlich teueren, aber damit natürlich auch eine andere Käuferschicht ansprechenden gebundenen Büchern sorgte dafür, dass Namen wie Lovecraft oder C. A. Smith überhaupt einem größeren Publikum bekannt wurden.

Joshi geht in seiner Biographie auch auf die negativen Charakterzüge des Autors ein. Er galt als Antisemit und Rassist, wobei Beides zur damaligen Zeit weit verbreitet und in gewissen Kreisen Usus war. Daneben stellt Joshi uns Lovecraft als freundlichen, humorvollen Mann vor, der für seine Freunde da war, ihnen immer mit Rat und Tat zur Seite stand.

Die Entstehungsgeschichte der Werke, die mittlerweile Jeder am Genre Interessierte kennen muss, ist durchaus kurzweilig aufbereitet und ihre Aufnahme und Wirkung auf die Leserschaft wird verdeutlicht. Dabei liest sich die Biographie nie trocken oder langatmig, wenn man auch so manches Mal vom immensen Wissen des Verfassers über Lovecraft schier erschlagen wird.

Verglichen mit den anderen Sekundärwerken zu Howard P. Lovecraft bekommt der Käufer hier ein sehr ausführlich, minutiös recherchiertes Werk an die Hand, das sich allerdings in erster Linie an Literaturwissenschaftler und ernsthaft Interessierte, weniger an „normale“ Leser und Fans richtet.

Joshi zeigt uns den Menschen hinter dem Werk, er präsentiert uns, akribisch recherchiert, die Entstehungsgeschichte der bekannten Storys und versucht zu begründen, warum diese bis heute ihre Leser in ihren Bann ziehen und Generationen von zumeist gescheiterten Nachahmern angezogen haben, und lässt den Autor selbst, zitiert aus dessen Korrespondenz, zu Wort kommen.