Michael Marrak: Anima Ex Machina (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Sonntag, 06. Dezember 2020 21:52

Michael Marrak
Anima Ex Machina
Titelbild: Michael Marrak
Edition Mono, 2020, Paperback, 280 Seiten, 20,00 EUR (auch als eBook erhältlich)
Rezension von Carsten Kuhr
Ganze acht Monate hat Ninive, die Wandlerin, von ihrem Freund Aris, der seine Gabe tote Materie zu beseelen opferte um sie zu retten, nichts mehr gehört, geschweige denn gesehen. Kein Brief, nicht einmal eine Notiz ist ihr zugegangen - lebt er überhaupt noch, ist er vielleicht gefangengesetzt? Als sie die Geduld verliert und in die Dynamo-Kronstadt reist, trifft sie glücklicherweise auf einen höchst umtriebigen Aris, der ein neues Faible verfolgt.
Er will den sagenumwobenen Mond suchen und wieder ans Firmament setzen. Über einen Portalfoliant reisen sie dahin, wo allgemein der Mittelpunkt der Zeit vermutet wird.
Dass ihr Vorhaben nicht einfach werden würde, das haben sie sich gedacht. Doch, dass sie so kläglich scheitern würden, hätten sie nie vermutet.
Kaum in die Kronstadt zurückgekehrt, müssen sie miterleben, wie dieselbe in Aufruhr gerät.
In der Pränumerischen Öde geht gar Merkwürdiges, gar Unerklärliches vor sich. Mechanoiden gehen aufeinander los, lange verschollene Wesen tauchen plötzlich wieder auf, Anarchie herrscht.
Ninive soll versuchen über Myneuro - eine etwas exzentrische Kontoristin - bei seiner Eminenz, dem Äonenanalysator, eine Audienz zu bekommen um Wissen und Hilfe zu erbitten – und schließlich sucht ein waschechter Krahl die Pränumerischen Öde heim…
Michael Marrak gehört zu den am häufigsten ausgezeichneten deutschsprachigen Genre-Autoren. Gleichzeitig ist sein Oeuvre doch relativ überschaubar. Man kann mutmaßen, dass hier ein Autor publiziert, der einfach Zeit benötigt um einen Text zu Papier zu bringen, dann aber auch etwas wirklich beeindruckend Anderes offeriert.
In den letzten Jahren haben wir einige Veröffentlichungen Marraks bejubeln dürfen. Titel, die vom überbrodelnden Ideenreichtum des Autors zeugen, Erzählungen, die anders sind als das gewohnte Lesefutter. Entsprechend wurden diese Werke auch nicht in einem der großen Publikumsverlage herausgegeben, sondern in den ambitionierten, inhabergeführten Kleinverlagen.
Mit vorliegendem Roman kehrt er zur Edition Mono aus Wien zurück, in der er vor Jahren bereits „Der Weg der Engel“ (zusammen mit Agus Chuadar verfasst) sowie sein Debüt „Die Stadt der Klage“ publizierte.
Und er kehrt in die Welt seines preisgekrönten Werks „Der Kanon mechanischer Seelen“ zurück. Ergo gibt es ein höchst willkommenes Wiedersehen mit Ninive und Aris - und den beseelten Maschinen und Gegenständen.
Das Gebotene schließt dabei nahtlos an den Roman an, den man gelesen haben sollte um der Handlung wirklich folgen zu können.
Erneut wird der Leser in eine ferne Zukunft entführt, in der der Mond von einem kosmischen Ereignis zerstört wurde, in der Maschinen im Kataklysmos beseelt und Menschen dezimiert wurden.
Wenn man sich auf die skurrilen Wesen, die verschachtelte Handlung und den innewohnenden Humor einlässt, so erwartet den Leser ein bunter Strauß an Ideen, faszinierenden Wesen und eine so noch nie gelesenen Welt. Sicherlich nicht Jedermanns Geschmack - zu abgedreht, zu phantasievoll präsentiert sich diese Welt für Leser, die nach gängiger SF suchen, doch für Fans Marrak’scher Erzählkunst ein Fest.