Luke Arnold: Der letzte Held von Sunder City (Buch)

Luke Arnold
Der letzte Held von Sunder City
(The Last Smile in Sunder City, 2020)
Übersetzung: Christoph Hardebusch
Titelbild: Emily Courdelle
Knaur, 2020, Paperback, 318 Seiten, 14,99 EUR, ISBN 978-3-426-52616-3 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

"Ich war erst in meinen Dreißigern, aber ich war alt. Man bemisst sein Alter nicht in Jahren, sondern in den Lektionen, die man gelernt, und den Fehlern, die man gemacht hat." (S. 78)

Es gab einmal eine Zeit, da bevölkerten Drachen die Lüfte, Vampire herrschten nachts und die Zwerge gruben ihre Stollen. Es war die geheiligte Zeit der Magie und die Völker, die begabt waren, herrschten über die Welt. Dass dies den magielosen Menschen so gar nicht gefiel - was schert es die, die am Ruder sind?

Bis die Menschen bei dem Versuch etwas vom magischen Kuchen abzubekommen, die Magie auslöschten. Zauberer und Hexen, die nicht mehr zaubern können; Elfen, die plötzlich in Minuten altern; Feen und Drachen; die vom Himmel fallen - der Coda, wie das Ereignis genannt wird, hat die Machtverhältnisse drastisch umgekrempelt.

Und ich bin schuld an der Tragödie. Ja, ein Trauerspiel ist es, auch wenn ich nur ein Mensch ohne Magie war und bin, ich trage die Verantwortung für das, was vor sechs Jahren geschah. Seitdem tue ich Buße - als Mann für alles, was ihnen in den Sinn kommt bin ich für die ehedem Magischen unterwegs - zumeist betrunken, bekifft, abgebrannt und verachtet, aber immerhin, zumeist erfülle ich meine Aufträge.

Jetzt wurde ich angeheuert, einen verschwundenen Vampir und seine Schülerin, eine Sirene, zu finden. Ein Job, der mich tief in meine eigene Vergangenheit und in die Zukunft führt - eine Zukunft, die wahrlich nicht rosig aussieht.


Wir kennen Luke Arnold als Schauspieler - seinen Long John Silver aus der „Black Sails“-TV-Serie ist mir gut im Gedächtnis geblieben. Ein Schauspieler voller Elan und Talent - und daneben auch ein richtig guter Autor, wie vorliegender Debüt-Roman beweist.

Die Mischung aus noir angehauchtem Privat Eye und Urban Fantasy erfreut sich nach wie vor eines gewissen Anklangs. Erinnern wir uns: Nach und mit dem Erfolg von Jim Butchers Harry Dresden (Knaur, zuletzt Feder & Schwert) kamen einige Reihen in Deutsche Lesestuben. Aaronovitchs „Flüsse von London“(dt. dtv), Kadreys „Sandman Slim“(dt Rowohlt, Feder & Schwert), Mike Careys „Felix Cator“ (Lyx) und die diversen Zyklen Simon R. Greens (Bastei-Lübbe, Feder & Schwert) boten entsprechende Kost. Leider werden die Meisten von diesen wirklich lesenswerten Reihen zwischenzeitlich nicht mehr fortgesetzt - zu klein scheint der entsprechende Leserkreis zu sein. Umso erfreulicher, dass uns Knaur vorliegenden Einzelroman - eine Fortsetzung wäre denkbar und wünschenswert - präsentiert.

Was zunächst auffällt ist der besondere Stil, in dem unser Erzähler von den Geschehnissen berichtet. Lakonisch, selbstironisch, ungeschönt aber auch ein bisschen zynisch weiß Fetch zu schwadronieren. Dazu kommt, dass die beiden Geschichten - zum einen die Suche nach den beiden Vermissten, zum anderen in den eingeschobenen Kapiteln die Auflösung, was zum Kuckuck unser Erzähler damals wohl angestellt hat, dass die Magie aus der Welt verschwunden ist - schlicht unheimlich spannend aufgezogen sind.

Und schließlich sind es die vielen verblüffenden Beschreibungen, vor denen der Plot nur so strotzt. Dabei changiert der Roman zwischen tragisch und lustig-komisch (ohne jegliche Slapstick-Einsprengsel) und überrascht immer wieder mit gekonnt und logisch eingefügten Geheimnissen und Offenbarungen, so dass sich die Lektüre ebenso kurzweilig wie spannend gestaltet.

Eine deftige Empfehlung für alle Genre-Fans.