Dmitry Glukhovsky: Sumerki – Dämmerung (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Mittwoch, 22. September 2010 09:43

Dmitry Glukhovsky
Sumerki – Dämmerung
(Sumerki, 2007)
Aus dem Russischen von M. David Drevs
Heyne, 2010, Paperback, 512 Seiten, 15,00 EUR, ISBN 978-3-453-53302-8
Gunther Barnewald
Nach dem wunderbaren „Metro 2033“ und der gutklassigen Fortsetzung „Metro 2034“ liegt nun mit „Sumerki – Dämmerung“ ein weiterer Roman des russischen Autors Dmitry Glukhovsky in deutscher Sprache vor. Wer sich von den beiden anderen Büchern hat verzaubern lassen, dürfte vom vorliegenden Werk umso enttäuschter sein. Denn „Sumerki – Dämmerung“ ist nicht nur um ca. 200-250 Seiten zu dick ausgefallen, seine Bräsigkeit ist mehr als ermüdend und seit Roland Emmerichs Film „2012“ ist das Thema mehr als ausgelutscht, auch wenn man dies dem Autor nicht vorwerfen kann, ist sein Buch aus dem Jahr 2007 und somit keine Nachahmertat.
Erzählt wird von einem russischen Übersetzer, der wie ein Einsiedler in Moskau lebt und fernab jeder Technik (kein Computer, kein TV) seiner Tätigkeit nachgeht. So läuft er fast täglich in ein Büro, holt Texte ab, übersetzt diese, bringt sie zurück und wird in bar dafür bezahlt. Sozialkontakt, Hobbys oder sonstige Interessen: Fehlanzeige beim Protagonisten. Dass es dem Autor gelingt, diese schizoide Figur trotzdem vor den Augen des Lesers lebendig werden zu lassen, spricht für die stilistischen Fertigkeiten von Glukhovsky. Spannung soll im weiteren Verlauf der Geschichte dadurch aufgebaut werden, dass der Übersetzer einen alten Text in spanischer Sprache erhält, welcher das Expeditionstagebuch eines Konquistadors darstellt, der von einer Expedition ins Herz der Maya-Kultur berichtet. Zudem verschwindet der Übersetzer des ersten Kapitels des Tagebuchs, wird später tot aufgefunden, und auch der Angestellte des Büros, in welchem der Protagonist seine Texte immer abholt, wird bestialisch ermordet.
Anfangs entwickelt diese Zusammenstellung noch einen unheimlichen Sog auf den Leser, welcher jedoch im Voranschreiten der gelesenen Seitenzahl immer mehr und mehr zum Erliegen kommt. Irgendwann ist man nur noch gelangweilt, die Geschichte wird immer unglaubwürdiger und kruder, man fragt sich, wie der Autor die beschriebenen Seltsamkeiten noch zu einer einheitlichen Erzählung zusammenschrauben will. Immerhin gelingt ihm dies sogar noch einigermaßen. Bis dahin dürfte jedoch auch der leidensfähigste Leser davongelaufen sein. Schade, denn Glukhovski kann wirklich hervorragend erzählen, aber selbst ihm gelingt hier der Spagat zwischen der an den Haaren herbeigezogenen Geschichte und der Eintönigkeit des Lebens und Charakters des Protagonisten nicht.
Mit zwei- bis zweihundertfünfzig Seiten Länge wäre „Sumerki – Dämmerung“ durchaus goutabel gewesen, nicht jedoch aufgebläht und breitgetreten wie hier. Schade auch um die hervorragende und aufopferungsvolle Arbeit des deutschen Übersetzers des Romans, der einen wirklich Klasse Job abliefert, den Leser sogar noch mit einem Nachwort zu den historischen Figuren und Gegebenheiten aufklärt (Hut ab vor der Recherchearbeit). Dies alles hilft nichts: Das vorliegende Werk ist einfach eine Megaschlaftablette. Wer an Schlafstörungen leidet, sollte es mal mit den Seiten 250 bis 400 von „Summerki – Dämmerung“ versuchen. Er wird zweifellos hervorragend bedient werden!