Namina Forna: Golden wie Blut - Die Göttinnen von Otera 1 (Buch))

Namina Forna
Golden wie Blut
Die Göttinnen von Otera 1
(The Gilded Ones, 2021)
Übersetzung: Bea Reiter
Titelbild: Robert Lazzaretti
Loewe, 2020, Hardcover, 510 Seiten, 19,95 EUR, ISBN 978-3-7432-0408-9 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Deka wächst in einem kleinen Dorf weit weg von der Stadt des Herrschers auf. Da sie dank ihrer dunkelhäutigen Mutter anders aussieht als die übrigen Dorfbewohner, hat sie früh gelehrt mit Kränkungen und Anfeindungen umzugehen. Jetzt, da ihr Tag des Rituals der Reinheit näher kommt hofft sie nur, dass sie ganz gottgefällig rot blutet und dann einen Mann bekommt, dem sie Kinder schenken und verwöhnen kann. Genau dies ist nämlich die Rolle, die der Klerus und das heilige Buch den Frauen zugewiesen hat.

Am Tag des Rituals aber fühlt Deka sich merkwürdig; sie ahnt, dass sich etwas nähert, sie spürt dieses Kribbeln. Todrufer überfallen das Dorf, schlachten die Bewohner. Deka gelingt es mit einer ihr selbst bis dahin unbekannten Gabe die Todrufer zu stoppen. Dass sie verletzt wird, dass sie golden blutet bedeutet statt Lob für die Rettung des Dorfes ein Martyrium. Sie ist ein Dämon!

Ihr eigener Vater richtet sie hin, allein, sie bleibt nicht tot. Immer wieder, insgesamt neun Mal, wird sie getötet, ihr wertvolles goldenes Blut dabei von den Priestern aufgefangen, bis sie eine Botin des Kaisers rekrutiert. Dieser stellt eine Armee aus Dämoninnen auf, die er gegen die Todrufer ins Feld schicken will.

Die Ausbildung ist hart, die Kämpfe aufopfernd und brutal. Das Wissen aber, das langsam in Deka reift, ist verstörend, wirft es doch alles über den Haufen, an das zu glauben man Deka jemals gelehrt hat…


Vorliegendes Fantasy-Jugendbuch erzählt eine ergreifende, eine berührende, eine spannende Geschichte. Mehr noch, die Autorin spricht dabei jede Menge wichtige Themen an.

Es geht um Ausgrenzung, um Rassismus, um Toleranz, um die Rolle der vom Klerus und den Männern geknechteten Frauen - also um Emanzipation. Dass die Autorin ihre Handlung dabei ganz bewusst in einem archaischen, an Westafrika erinnernden Ambiente angesiedelt hat, fügt dem Plot ungewohnte und damit interessante Exotik hinzu.

Das Gepräge aber gibt dem Roman weder der Handlungsort noch die wichtigen, eingeflossenen Themen. Die Autorin besticht mit Charakteren - seien wir ehrlich, einem Charakter, nämlich Deka - durch deren Augen wir alles miterleben.

Hier begegnet uns eine junge Frau voller Angst, voller Mut - und Beides schließt sich beileibe nicht aus - und auch voller Neugier. Und wir erleben mit, wie sich Deka von einem verängstigten Mädchen, das indoktriniert wurde, das sich angepasst hat, das sich selbst erniedrigt und verleugnet hat zu einer Frau reift. Einer Frau, die durch das Martyrium, dem sie ausgesetzt war, geprägt wurde, die aber auch offen für die Sorgen und Nöte ihrer Leidensgenossinnen ist. Und einer Frau, die lernt ihren Geist zu nutzen, selbstständig zu denken, Überlieferungen und Anerzogenes kritisch zu hinterfragen und zu einer eigenen, fundierten Meinung zu gelangen.

So ist die ein Buch, das viel zwischen seinen Deckeln vereint. Eine Coming-of-Age-Geschichte, ein Plot, der sich mit wichtigen Themen beschäftigt, eine Abenteuer-Story, eine Erzählung in der es um Kämpfe, verschollene Götter und jede Menge Lügen geht und nicht zuletzt die ergreifende Story einer jungen Frau, die sich emanzipiert.