American Jesus 1: Der Auserwählte (Comic)

American Jesus 1
Der Auserwählte
(American Jesus: 1-3, 2019)
Autor: Mark Millar
Zeichnungen: Peter Gross
Übersetzung: Bernd Kronsbein
Panini, 2020, Paperback, 100 Seiten, 15,00 EUR, ISBN 978-3-7416-1945-8

Rezension von Christel Scheja

Mark Millar ist für seine Geschichten bekannt, die immer ein wenig eigenwillig sind und gezielt aus dem Mainstream ausbrechen, wie er auch schon bei „Kick-Ass“ bewiesen hat. Diesmal fasst er zusammen mit Peter Gross ein heißes Eisen an, denn „American Jesus“ dürfte einigen Gläubigen wie Blasphemie erscheinen. Dabei beweist schon der erste Band, „Der Auserwählte“, Respekt.

 

Jodie Christianson ist ein ganz normaler Zwölfjähriger, der in einer verschlafenen amerikanischen Kleinstadt aufwächst und keine größeren Probleme hat, als mit der Schule und seinen erwachenden sexuellen Gefühlen umzugehen. Das ändert sich an dem Tag, an dem er den Zusammenstoß mit einem Schwerlaster ohne jeden Kratzer überlebt. Ihn stört das nicht, aber die Ärzte rätseln warum er ohne jeden Kratzer davongekommen ist. In der Folge entwickelt er tatsächlich die besonderen Kräfte, die man auch Jesus nachsagt und der Junge wird vor große Herausforderungen und Entscheidungen gestellt, genauso wie seine Umgebung.


Das Gedankenspiel ist sehr interessant, denn was wäre wenn Jesus wirklich noch einmal geboren werden würde und dann in unserer Zeit, in einer Gesellschaft, in der der Glaube eine schwere Zeit hat.

Jodie ist tatsächlich ein normaler Junge mit einem kleinen Freundeskreis und einem eher unbedeutenden Leben. Auch wenn seine Eltern sehr seltsame Angewohnheiten haben, so wächst er doch recht behütet und sorgenfrei auf, kann sich selbst Gedanken über alles machen und eine unvoreingenommene Sicht der Dinge entwickeln.

Natürlich probiert er sich und seine Kräfte auch aus, wird von anderen sogar dazu aufgefordert, aber es sind Menschen wie ein katholischer Priester, die selbst stark hadern, die ihm helfen seinen Weg zu gehen.

Denn der Junge bekommt auch nach und nach die Schattenseiten seiner Gaben und seiner Macht zu spüren. Sind die ersten noch recht dankbar, so schleichen sich schon bald doch auch die Medien und Geschäftsleute ein, die natürlich ihren Profit aus dem „Wiedergeborenen Jesus“ schlagen wollen.

Man mag davon denken was man will, aber die Künstler gehen sehr respektvoll und umsichtig mit dem Thema um, versuchen ihm gerecht zu werden und die Entwicklungen realitätsnah darzustellen. Es geht tatsächlich nicht darum, einen neuen Superhelden zu schaffen, sondern eher darum, das mögliche Verhalten der Menschen zu zeigen - angefangen mit denen, die sofort glauben und um Hilfe bitten, bis hin zu denen, die erst einen Schock brauchen um sich zu ändern. Und auch Jodie macht eine sehr interessante Entwicklung durch.

Das Ganze endet dann noch mit einem Cliffhanger, der schon die ersten Weichen neu stellt und neugierig auf Mehr macht.

„American Jesus“ schafft es, ein heikles Thema ansprechend und glaubwürdig umzusetzen und dabei nicht zu weit zu gehen. Der junge Held wie auch seine Umgebung sind Teil eines spannenden Gedankenspiels, das Einige zwar für Blasphemie halten werden, aber dennoch den Lesern, die sich darauf einlassen, vor Augen führt, wie es wirklich laufen könnte, wenn Jesus noch einmal auf der Erde erscheint.