Andrax - Gesamtausgabe (Comic)

Andrax - Gesamtausgabe
Text: Peter Wiechmann
Titelbild und Zeichnungen: Jordi Bennet
Cross Cult, 2020, Hardcover, 720 Seiten, 60,00 EUR, ISBN 978-3-96658-190-5

Rezension von Christel Scheja

Cross Cult gehört zu den Verlagen, die auch immer wieder an die Comic-Kunst aus deutschen Landen erinnern. Damit wenden sie sich natürlich an die Fans, die sich noch an diese Geschichten erinnern können, weil sie selbst in den 60ern oder 70ern aufgewachsen sind, in denen diese Geschichten erschienen, die oft in Zusammenarbeit mit französischen, italienischen oder spanischen Zeichnern entstanden.

Eine dieser Serien ist „Andrax“. Diese wurde schon einmal in fünf Bänden neu aufgelegt. Die Gesamtausgabe sollte neue redaktionelle Texte aus der Hand des Autors erhalten; dazu ist es allerdings nicht mehr gekommen, da Peter Wiechmann verstorben ist und man sich deshalb dazu entschied, die Sammlung unkommentiert zu veröffentlichen.


Michael Rush hat bei den Olympischen Spielen in Montreal den Zenit seiner Karriere erreicht und bringt eine Medaille nach der anderen nach Hause. Dadurch fällt er allerdings auch dem verrückten Professor Magor ins Auge, der in ihm den geeigneten Kandidaten für sein großes Experiment sieht. Deshalb lässt er Michael entführen und in sein Versteck verschleppen. Dort versetzt er den Sportler in einen Tiefschlaf, aus dem dieser erst nach gut 2000 Jahren erwacht.

Als der ehemalige Sportler erwacht muss er von Anfang an ums Überleben kämpfen, denn ihn erwartet nach den Jahrtausenden kein strahlendes Utopia voller Frieden und Glück, sondern eine alptraumhafte, von Kriegen und Katastrophen verwüstete Erde, in der nichts mehr so ist, wie früher.

Zwischen den barbarischen Stämmen, den Mutanten und den Aliens findet er in dem Krieger Holernes schon bald einen treuen Freund, mit dem er sich Monstern, Aliens, schurkischen Magiern aber auch schönen Herrscherinnen entgegen stellt, die meistens nur eines mit den frischgebackenen Helden „Andrax“ am Hut haben: Sie wollen ihn versklaven.


Man merkt, dass die Serie ein Kind der frühen 70er Jahre ist, erinnert sie doch in Grundzügen an andere Dystopien, wie sie in Filmen und anderen Comics fröhliche Urständ feierten. Denn der Ausgangsplot - einen Mann aus unserer Zeit in eine lebensfeindliche Zukunft zu versetzen - war damals sehr beliebt, wie man auch an den „Planet der Affen“-Filmen sehen kann.

Kritik wird aber keine geübt, „Andrax“ ist und bleibt ein reiner Abenteuer- und Actioncomic, in dem es viele Kämpfe gibt, Konflikte nur ganz selten mit dem Verstand gelöst werden. Immerhin ist Michael Rush auch eher ein physischer als ein intellektueller Held, einer der es gewohnt ist, seine körperlichen Fähigkeiten in den Mittelpunkt zu stellen. Und das gelingt ihm natürlich schon in der ersten Geschichte, in der er einen Stamm wilder Barbaren beeindruckt und am Ende sogar einen Freund findet.

Er macht auch keine besondere Entwicklung in den insgesamt 26 Geschichten durch, nachdem er einmal seine Rolle als einsamer barbarischer Held gefunden hat, dessen Motivation sich irgendwann verliert, als er realisiert, dass eine Rückkehr in sein altes Leben wohl nicht mehr möglich ist.

Frauen sind zwar recht präsent, spielen in seinem Leben aber keine Rolle, erweisen sich die meisten doch als „Femme fatales“, als männermordende Königinnen, die entweder einen schurkischen „Magier“ an ihrer Seite haben oder über ein mächtiges Heer befehligen.

Einzig die Freundschaft zu dem Krieger Holernes scheint eine feste Konstante zu sein - ist der doch der typische treue Sidekick, der ab und an mal für Lacher sorgt, aber in erster Linie ein wichtiger Kampfgefährte ist.

Inhaltlich mögen die Geschichten immer nach dem gleichen Schema ablaufen: Der Held kommt in eine neue Gegend und gerät gleich in brenzlige Situationen, aus denen er sich am Ende nur mit der Faust oder dem Schwert kämpfen kann. Autor und Künstler versuchen aber, den Inhalt immer ein wenig zu variieren und die eine oder andere schräge Idee mit einzubringen. Allerdings ändert das nichts an dem Schema selbst, so dass man nach der Lektüre oft nicht mehr weiß, welche Story man jetzt gelesen hat.

Konsequent durchgehalten wird allerdings die Atmosphäre der Szenarien, die viele Erinnerungen an die dystopischen Geschichten dieser Zeit wecken, garniert mit all den Klischees, die man in dieser Zeit liebgewonnen hat.

Die Gesamtausgabe von „Andrax“ weckt Erinnerungen an die kernigen, barbarischen Helden der 70er Jahre, die sich durch einen wilden Genre-Mix bewegen. Vor allem Fans werden sich über die Geschichte freuen, in der Drachen und Magier ebenso ihren Platz finden wie Aliens und verrückte Wissenschaftler. Mehr als viele liebgewonnene Sword- & Sorcery-Klischees und Action sollte man allerdings nicht erwarten.