Sabine Neb: Ein Engel auf heißer Mission (Buch)

Sabine Neb
Ein Engel auf heißer Mission
Blue Panther Books, 2020, Taschenbuch, 176 Seiten, 12,90 EUR, ISBN 978-3-7507-0590-6

Rezension von Irene Salzmann

Sabine Neb, Jahrgang 1976, schrieb zunächst Geschichten für ihre Kinder, lässt aber mittlerweile auch ihren an Erwachsene adressierten Phantasien freien Lauf. Nach „Engel, Sex & Flügel“ ist „Ein Engel auf heißer Mission“ ihr zweiter Roman, der bei Blue Panther Books erschienen ist und ebenfalls einen himmlischen Liebhaber in beiderlei Sinne des Wortes ins Spiel bringt.


Die namenlose Erzählerin sucht den ultimativen Liebhaber, der nicht nur weiß, wie er eine Frau umwirbt, damit sie sich ihm hingibt, sondern der auch über das Können verfügt, all ihre Wünsche zu erfüllen. Nach einigen enttäuschenden Erfahrungen scheint der schöne und witzige Pierre genau der Richtige zu sein. Aber auch er erweist sich als Egoist ohne Stehvermögen, der bloß noch seine Ruhe will, nachdem er sich ruckzuck seine Befriedigung geholt hat.

Die Protagonistin hat ihn bereits frustriert abgehakt, als er unerwartet in ihr Leben eindringt, und das dauerhaft, falls sie es nicht schafft, endlich mit einem erfüllenden Erlebnis beglückt zu werden. Denn Pierre wurde nach der kurzen gemeinsamen Nacht überfahren und darf erst in den Himmel, wenn er Wiedergutmachung geleistet hat. Bis dahin kann er sich zwar nach Belieben sichtbar/unsichtbar und fest/durchlässig machen, doch Flügel und die offene Himmelspforte gibt es nur nach Erledigung seiner Aufgabe.

Notgedrungen lässt sich die genervte Frau auf nahezu jeden Kerl ein, der ihr über den Weg läuft, stets von Pierre gedrängt, sich nicht so anzustellen und Spaß zu haben. Allerdings erweisen sich alle als Loser, und so muss Pierre weiterhin auf seine Flügel warten und die Geplagte seine Anwesenheit erdulden. Nach und nach rauft sich das Paar zusammen. Pierre bereut, dass er so ein Mistkerl gewesen ist, und so manches Mal spendet er ihr aufrichtigen Trost nach einem missglückten Abenteuer.

Schließlich steht Weihnachten vor der Tür, und die Protagonistin soll ihren Wunschzettel schreiben, den Pierre ans Christkind weiterleiten will.


Das Motiv, dass jemand stirbt und als Engel zurückkehrt, weil er noch etwas Wichtiges zu Ende bringen muss, zwecks Läuterung einen Auftrag erfüllen soll, nach vielen Fehlern eine zweite Chance als Lebender in Aussicht gestellt bekommt oder grundsätzlich als Schutzengel über die Menschen zu wachen hat, ist nicht neu. Es wurde darüberhinaus modifiziert, sodass die Engel mächtige Krieger sein können im Kampf Gut gegen Böse, durchaus mit vertauschten Rollen, und natürlich die Gefährten und Lover ihrer menschlichen Auserwählten sind.

Sowohl in der Literatur (Sarah Lukas: „Der Kuss des Engels“, Brigitte Melzer: „Rebellion der Engel“, Sharon Shinn: „Erzengel“, Gena Showalter: „Angels of the Dark“, Nalini Singh: „Gilde der Jäger“, Mary Stanton: „Anwältin der Engel“, J. R. Ward: „Fallen Angels“) als auch im Film („Ein himmlischer Sünder“, „Der Engel mit der Trompete“, „Jede Frau braucht einen Engel“, „Ist das Leben nicht schön?“, „Barbarella“, „Rendezvous mit einem Engel“, „Stadt der Engel“)  stößt man auf unzählige Beispiele mit verschiedenen Schwerpunkten.

Sabine Neb hat sich für die humorig-erotische Variante entschieden, bei der sie selbst beziehungsweise die Leserin in die Rolle der bewusst namenlos gehaltenen Hauptfigur schlüpft. Die Comedy- und Erotik-Anteile halten sich die Waage, sodass man mit einem Mix aus erwartungsfroher Hoffnung, dem mehr oder minder misslungenen Akt an sich, dem folgenden Gejammer und der Trostszene konfrontiert wird in einer Sprache und mit Kalauern („Dr. P. Enis“), wie man sie von „Sex and the City“, „Desperate Housewives“ und ähnlichen Sitcoms kennt.

Die erotischen Abenteuer laufen stets nach demselben Schema ab und variieren ein wenig allein bei der Beschreibung des Losers, der Location und der Weise, wie der Protagonistin die Befriedigung verweigert wird. Sie und Pierre sparen nicht mit entsprechenden Schuldzuweisungen und Kommentaren, finden dann jedoch stets beieinander die notwendige Ermunterung, dass es nächstes Mal bestimmt klappen wird. Natürlich merkt man sehr schnell, wer eigentlich der Richtige nach seiner Einsicht wäre, aber…

Diese Form des Humors und die schnodderige Sprache sollte man mögen; anderenfalls gehen einem die schnippischen Bemerkungen genauso wie die immer glücklosen One Night Stands schnell auf den Wecker. Die Beschreibungen sind nicht allzu deftig, und auch der Sex bleibt auf der Blümchenwiese.

Sehr großzügig ist das Layout, denn fast jeder Satz eines Dialogs und Monologs bekommt eine eigene Zeile, was bedeutet, dass der Band bei mehr Fließtext um mindestens zwanzig Seiten kürzer ausgefallen wäre.

„Ein Engel auf heißer Mission“ bietet einen Erotik-Comedy-Fantasy-Mix im Stil einer zeitgenössischen Frauen-Sitcom, in der Männer, die bloß an sich und nicht an ihre Partnerin denken, ordentlich in die Pfanne gehauen werden. Wer das mag, dürfte an so mancher Stelle breit grinsen. Wirklich Neues wird aus dem Thema jedoch nicht herausgeholt, sodass jene Leser, die dem Schenkelklopf-Humor wenig abgewinnen können, mit anderen Titeln womöglich besser beraten sind.