They Called Us Enemy - Eine Kindheit im Internierungslager (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Mittwoch, 27. Mai 2020 21:59
George Takei, Justin Eisinger, Steven Scott
They Called Us Enemy - Eine Kindheit im Internierungslager
(They Called Us Enemy, 2019/2020)
Titelbild & Zeichnungen: Harmony Becker
Übersetzung: Christian Langenhagen
Cross Cult, 2020, Hardcover, 208 Seiten, 25,00 EUR, ISBN 978-3-966580-39-7 (auch als eBook erhältlich)
Rezension von Christel Scheja
Wer erinnert sich nicht an Hikaru Sulu, den Steuermann des allerersten Raumschiffs „Enterprise“, der Teil einer multinationalen Crew war, in der Hautfarbe und Abstammung keine Bedeutung hatten? Wohl aber im Leben des Schauspielers George Takei, der in „They Called Us Enemy - Eine Kindheit im Internierungslager“ von den dunkelsten Jahren seines Lebens während des Zweiten Weltkriegs erzählt. Denn ausgerechnet in den Jahren seiner Kindheit bekommt er die schlechten Seiten des Lebens in den USA zu spüren.
Nach dem Angriff auf Pearl Harbor ist klar: Das japanische Kaiserreich will den Krieg gegen die USA mit aller Härte, und nehmen die Staaten die Herausforderung an. Das hat aber auch bittere Auswirkungen auf die vielen, teilweise schon in dritter Generation in den USA lebenden Japaner, die sich plötzlich nicht nur einer wachsenden Feinseligkeit gegenüber sehen, die sich in rassistischen Angriffen zeigen, sondern auch einem schwerwiegenden Generalverdacht.
Egal ob Männer, Frauen oder Kinder, sie werden zu Feinden erklärt - und damit sie keine Sabotage-Akte ausführen oder Verrat begehen können, werden sie in entsprechende Internierungslager gesteckt. Für viele beginnt ein Leben voller Ungewissheit und Entbehrungen.
Auch die Familie Takei ist betroffen. George, seine Eltern und seine kleineren Geschwister werden aus ihrem normalen Umfeld gerissen. Nur ist dem Jungen in diesem Alter noch nicht klar, was das eigentlich bedeutet. Spuren hinterlässt es jedoch.
Eingebunden in Reden, die Takei wirklich an den entsprechenden Orten gehalten hat, wird in klaren und nüchternen Bildern von den Kriegsjahren erzählt, wenn auch bewusst die meiste Zeit aus den Augen des jungen George, so dass die Gewalttaten gegenüber den unschuldigen Japanern nur angedeutet und ansonsten eher ausgeblendet werden.
Der Rest ist aber auch nicht ohne, konzentriert sich die zunächst sehr geradlinige Erzählung doch vor allem auf die Auswirkungen, die die Feindseligkeit und Internierung auf die Älteren hat. George mag als Kind noch nicht viel mitbekommen, seine Eltern und ihre Generation machen aber jede Menge durch. Sie werden immer wieder vor schwerwiegende Entscheidungen gestellt, weil es der Gesetzgeber so will und nicht anders, erleben Ungerechtigkeiten am eigenen Leib oder in der näheren Umgebung.
Es sind schlichte Schilderungen, die die immer wieder eingeflochtenen Einzelschicksale umso bedrückender und plastischer machen. Da werden Familien getrennt, weil die Männer in den japanischen Gemeinden wichtige Stellungen haben, wie etwa als buddhistischer Geistlicher, da werden junge Männer, die sich als Amerikaner sehen, ausgegrenzt, ja sogar inhaftiert. Und so geht es weiter.
Dennoch ist die Graphic Novel nicht unversöhnlich; sie zeigt auch die weißen Amerikaner, die sich immer wieder für die Internierten und ungerecht behandelten Menschen japanischer Abstammung einsetzen, und den Willen Letzteren später sogar zu vergeben und in der Demokratie weiter zu machen, die sie so ungerecht behandelt und sogar Leid zugefügt hat.
Am Ende wird das Ganze zwar ein wenig hektisch, weil es mehrere wilde Zeitsprünge gibt, aber gerade diese Informationen vertiefen noch den Eindruck und ziehen aktuelle Bezüge zur Gegenwart.
Die Graphic Novel klagt nicht an, sie schildert nur bewusst die Erlebnisse und überlässt es jedem Leser, sich eine eigene Meinung zu bilden. Gerade weil auch positive Beispiele genannt werden und nicht zuletzt auch die Wiedergutmachungsversuche. Allerdings zeigen auch die Bezüge zur Gegenwart, dass man in den USA vielleicht nicht ganz so viel daraus gelernt haben könnte, wie man meinen sollte.
Die Mischung aus Alltagschilderungen und die Sicht des Kindes mildern viele Erlebnisse etwas ab, aber das sorgt auch dafür, dass schon jüngere Leser in diese vergangene Epoche eintauchen können, ohne erschreckt zu werden.
„They Called Us Enemy - Eine Kindheit im Internierungslager“ ist eine sehr intensive Comic-Biographie, die in klaren Bilder eine für die Regierung und die weiße Bevölkerung unrühmliche Zeit in den USA schildert. Ohne anzuklagen erinnert die Geschichte Takeis daran, dass man die gleichen Fehler nicht noch einmal begehen sollte - egal in welcher Weise.