Lucinda McShannon: Die verbotene Ehefrau (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Mittwoch, 27. Mai 2020 00:01
Lucinda McShannon
Die verbotene Ehefrau
Blue Panther Books, 2020, Taschenbuch, 166 Seiten, 12,90 EUR, ISBN 978-3-96477-777-5 (auch als eBook erhältlich)
Rezension von Irene Salzmann
Über die unter dem Pseudonym schreibende Autorin Lucinda McShannon erfährt man lediglich, dass sie 1980 in Irland geboren wurde, im deutschsprachigen Raum ihre Ausbildung absolvierte und derzeit in einem Münchner Hotel arbeitet. Früh schrieb sie romantische und erste erotische Romane. Sie sagt von sich, dass sie bisexuell und sexsüchtig sei. Die verbotene Ehefrau“ ist ihr erster Roman bei Blue Panther Books.
Der junge, aufstrebende Anwalt Gregor von Steinebach ist mit der nymphomanen Künstlerin Gisa Marie Waldhausen alias Gisela Schmitz liiert. Obwohl sie ihn nach Strich und Faden betrügt, lässt er ihr das durchgehen, sogar, dass sie sich als seine Verlobte bezeichnet und von seinem bekannten Namen profitiert, denn er hat selber Affären.
Aus der lockeren Beziehung soll jedoch plötzlich Ernst werden: Gregor wird befördert und muss eine präsentable Ehefrau vorweisen, die ihn nicht bloß in der Öffentlichkeit vortrefflich schmückt, sondern auch bei den Gruppensex-Veranstaltungen der Chefetage eifrig mitmacht. Obwohl das eigentlich ganz nach Gisas Sinn sein müsste, lehnt sie ab, da sie glaubt, einen dickeren Fisch am Haken für ihre geplante Ausstellung zu haben, und setzt Gregor sogar vor die Tür.
Nun ist guter Rat teuer, denn seine persönliche Sekretärin Kelly Keyser, die für alle Nöte zuständig ist, die Gregor zu schaffen machen, kann er leider nicht als Gemahlin präsentieren, sodass er auf deren Rat hin seine Schwester Valerie bittet, in diese Rolle zu schlüpfen. Den Geschwistern ist bewusst, dass sie mit dem Feuer spielen, denn ihre Beziehung war schon immer sehr intim; aber wenn es bloß bei dem Anschein bleibt und sonst nichts zwischen ihnen passiert, dann sollte doch alles in Ordnung sein.
Allerdings haben die beiden nicht mit der rachsüchtigen und gerissenen Gisa gerechnet, die nach der Absage eines bekannten Künstlers, der zwei seiner Bilder in ihrer Galerie ausstellen wollte, ihre Felle davon schwimmen sieht und erbost ist, weil sie Gregor diesmal wider Erwarten nicht ein paar Tage später Verzeihung heischend an ihrer Schwelle vorfindet. Ihr lange gehegter Verdacht, dass er es mit seiner Schwester treibt, findet durch einen Insider neue Nahrung, und dieses Wissen plant sie, gegen Gregor einzusetzen und somit seiner Karriere zu schaden.
Die Handlung spielt in München, der gegenwärtigen Wahlheimat der Autorin. Ihre Protagonisten sind die typischen Schickimickis und Bussibussis, die man mit Schwabing, der Maxvorstadt und anderen Szene-Vierteln verbindet: junge, attraktive Aufsteiger, die über schöne Wohnungen, viel Geld sowie die notwendigen Beziehungen verfügen und das alles benutzen, um ja nichts anbrennen zu lassen.
Wirklich sympathisch sind die Charaktere nicht, da jeder bloß seine eigenen Interessen verfolgt und gängige Klischees bedient.
Gregor wirkt äußerst unreif, denn er lässt sich wissentlich von Gisa ausnutzen und wird als Sportwagenfahrer geschildert, der seinen Frust immer durch überhöhte Geschwindigkeit zu kompensieren beliebt - und gerade auf dem Mittleren Ring nie in eine Radarfalle gerät? Nicht zu vergessen, dass, abgesehen von Jugendlichen/Berufskindern, die den Eltern den Autoschlüssel unter dem Kopfkissen weg klauen, der sich selbst überschätzenden Leihwagen-/Probefahrt-Klientel und den rücksichtslosen Raser-Touristen aus dem Ausland, sich die Mehrheit der (beneideten) Sportwagen-Fahrer korrekt verhält, anderenfalls wäre gerade zum Beispiel die Marke Porsche nicht führend in der Statistik mit den wenigsten Unfällen und der geringsten Verschrottungsquote, weil ihre Besitzer so pfleglich mit dem Fahrzeug umgehen, dass sie viele Jahrzehnte genutzt werden („Mehr als 70 % aller jemals gebauten Porsche-Fahrzeuge existieren bis heute. Die überwältigende Mehrzahl davon jederzeit fahrbereit.“ [„Porsche-Klassik“], ja, dass alte Modelle sogar teurer verkauft werden als fabrikneue Typen.
Während Gregor bei den Frauen nur nimmt, was ihm freiwillig gegeben wird, sucht sich Gisa Männer, die nicht bloß ihre sexuelle Gier befriedigen, sondern ihr auch von Nutzen sind, um ihr auf der Karriereleiter weiter nach oben zu helfen. Sie weiß genau, wie sie auf der Klaviatur des Einzelnen zu spielen hat, um ihn zu Wachs in ihren Händen zu machen. Hat er seine Schuldigkeit getan, wird er gnadenlos fallengelassen. Und wenn das alles nicht ausreicht, greift Gisa auch zu illegalen Mitteln, wird zur Betrügerin und Erpresserin. Selbst wenn sie ertappt wird, ist sie dreist genug, um die Niederlage in einen Sieg umzuwandeln.
Valerie ist die Einzige, die, obschon gleichfalls Künstlerin, relativ frei von Allüren scheint. Sie liebt ihren Bruder und steht ihm in jeder Situation zur Seite - und schließlich mehr als das. Zwar ist sie sich der Gefahr bewusst, in die sie und Gregor sich freiwillig begeben, doch bewegen sie sich letztendlich in Kreisen, in denen die allgemeingültigen Regeln von Moral und Gesetz als nicht bindend erachtet werden (es ist noch nicht lange her, dass Politiker [unter anderem Hans-Christian Ströbele von den Grünen, 2012] die Aufhebung des Inzestverbots forderten).
Ebenfalls positiv besetzt ist Kelly, die als Sekretärin weitaus mehr Aufgaben als Kaffeekochen und Termin-Management zur besten Zufriedenheit erledigt. Man hat tatsächlich den Eindruck, dass sich die Autorin mit dieser Figur am meisten identifiziert, weil Kelly alle Fäden fest in der Hand hält, die anderen zu lenken weiß und bei aller Hingabe selber jede Menge Spaß (am Sex) hat.
Wenngleich die Protagonisten keinen Tiefgang vorweisen, was ja auch nicht gewollt ist, weil sie vor allem erotische Abenteuer appetitlich erleben sollen, gibt es doch eine Handlung, welche die Lektüre über die reinen Sex-Szenen hinaus interessant macht.
Als Leser sympathisiert man trotz allem mit Gregor, mehr noch mit Valerie und vor allem Kelly, und wartet gespannt auf die fiesen Intrigen von Gisa. Es ist wie in einem Horror-Film, wenn das Opfer einen unheimlichen Raum betritt, von dem der Zuschauer weiß, dass in ihm das Böse lauert, und die Falle schnappt prompt zu - gibt es ein Entkommen oder nicht? Nun, einige unerwartete Wendungen bietet die Autorin diesbezüglich auch an.
Freilich wird es nicht superspannend, und die Auflösung ist schon sehr gefällig, doch in der Summe wird man kurzweilig und in nicht allzu deftiger Sprache unterhalten, sodass hier vor allem Leserinnen, die es weniger grafisch und mehr romantisch mit genug Drumherum um die Erotik wünschen, ihr Vergnügen haben dürften.