Monster 14: Erinnerungen (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Montag, 30. März 2020 12:12
Naoki Urasawa
Monster 14
Erinnerungen
Übersetzung: Mario Hirasaka
EMA, 2005, Taschenbuch, 216 Seiten, 6,50 EUR, ISBN 978-3-89885-693-5
Rezension von Irene Salzmann
Naoki Urasawa wurde am 2. Januar 1960 in Tokyo geboren. Seit 1985 hat er gut zwei Dutzend Manga-Serien und -Oneshots veröffentlicht. Seine in Deutschland bekanntesten Werke dürften „Monster“, „Pluto“ und „20th Century Boys“ sein.
„Monster erschien von 1994 bis 2001 und ist mit 18 Bänden abgeschlossen. In Japan wurde außerdem die Sidestory „Mou Hitotsu no Monster: The Investigative Report“, ein Roman, veröffentlicht. Von 2004 bis 2005 liefen im japanischen Fernsehen 71 Episoden des Anime „Monster“. 2019 begann in Deutschland Carlsen die ursprünglich von EMA publizierte Manga-Reihe in Form von großformatigen Doppelbänden neu aufzulegen als Perfect Edition. Die zum Teil vergriffenen Bände sind somit wieder erhältlich, worüber sich ein erwachsen gewordenes Publikum freuen dürfte.
Nachdem der japanische, in Deutschland arbeitende Arzt Tenma die Entscheidung traf, die Operation an dem Jungen Johann, der mit einem Kopfschuss in die Klinik eingeliefert worden war, wie geplant, durchzuführen und nicht den Bürgermeister vorzuziehen, der unterdessen stirbt, verliert er seinen Posten und alles, was er sich aufgebaut hat. Es dauert etliche Jahre, bis er sich eine neue, bescheidenere Existenz schaffen konnte. Ausgerechnet jetzt taucht Johann wieder auf und begeht vor Tenmas Augen einen Mord.
Bislang glaubte der Arzt, damals richtig gehandelt zu haben, doch nun kommen ihm Zweifel, denn Johann scheint ein wahres „Monster“ zu sein. Daraufhin beschließt Tenma, seinen einstigen Patienten zu verfolgen, um ihn aufzuhalten - um den eigenen Fehler zu korrigieren. Die Jagd führt ihn durch halb Europa und in die Vergangenheit. Stück für Stück setzt er die Geschichte Johanns, dessen Familie und jenen zusammen, die den jungen Mann zu dem gemacht haben, der er nun ist.
Mittlerweile sucht auch Nina, die eigentlich Anna heißt und Johanns Zwillingsschwester ist, nach ihrem Bruder. Langsam kehren ihre Erinnerungen zurück, doch gibt es noch zu viele Lücken, und gerade etwas sehr Wichtiges scheint zu fehlen. In der Rosenvilla verliert sie unter den auf sie einstürmenden Eindrücken das Bewusstsein. Ein seltsames Kinderbuch liefert weitere Anhaltspunkte. Dann weiß sie wieder, wer auf Johann geschossen hat und fragt sich, ob sie zu Ende bringen soll, was sie begonnen hat.
„Monster“ ist eine Serie, die man unbedingt von Beginn an lesen sollte, um die Entwicklung der Ereignisse verfolgen und sehen zu können, wie sich aus den einzelnen Informationen, die Tenma, Nina und andere zusammentragen, allmählich ein erschütterndes Bild formt. Die Charaktere wirken überzeugend, was auch vom realistischen Stil des Mangaka unterstützt wird. Insbesondere die aufwändigen und bestens recherchierten Hintergrundkulissen gefallen.
Naoki Urasawa greift ein bedrückendes Thema auf, das von Gerüchten, was seinerzeit hinter dem Eisernen Vorhang alles passiert sein mag, genährt wird: Experimente an Kindern, um sie so zu formen, dass man sie für beliebige Zwecke einsetzen kann, zum Beispiel als Spion oder Attentäter. Johann galt im Heim als begabtes Kind und hat die Erwartungen seiner Schöpfer weit übertroffen, zu ihrem eigenen Pech. Die Blutspur, die er legt, ist frisch und die Jagd noch nicht vorbei.
Von daher wartet man gespannt auf die Fortsetzung, die beste Thriller-Unterhaltung für Erwachsene bietet und auch durch den Stil der Zeichnungen einem Publikum gefallen wird, das normalerweise kein Interesse an Mangas hat. Ein Hineinschauen lohnt sich, und hat man erst einmal Feuer gefangen, möchte man die ganze komplexe Geschichte erfahren.