Professor Zamorra 1118: Die Martyrien des Emeric Rifaud, Adrian Doyle (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Dienstag, 25. Februar 2020 17:08

Professor Zamorra 1118
Die Martyrien des Emeric Rifaud
Adrian Doyle
Titelbild: Arndt Drechsler
Bastei, 2017, Romanheft, 68 Seiten, 1,80 EUR (auch als eBook erhältlich)
Rezension von Elmar Huber
„Wann machen wir ernst? Ich habe jetzt genug an irgendwelchen Viechern geübt. Zuerst die Kaninchen, dann streunende Katzen - und jetzt seit Tagen immer nur Hunde. Wann schnappen wir uns endlich einen Menschen?“
An einem einzigen Tag im Spätsommer des Jahres 1976 soll sich das Leben des jungen Emeric Rifaud für immer verändern. An diesem Tag stirbt seine Großmutter, bei der er seit dem tödlichen Unfall seiner Eltern gelebt hat. In derselben Nacht beobachtet er den ehemaligen Dorfkrämer Hocquemond und Pater Varonne dabei, wie sie gemeinsam einen wehrlosen Hund zu Tode quälen. Tags darauf bringt eben jener Pater Emeric zur Éducation et Disposition, einer Schule für Waisenkinder, in der seltsame Dinge vor sich gehen.
Vierzig Jahre später ruft die Tötung einer jungen Frau und ihres Hundes die Section Spéciale in Gestalt des Agenten Onyx auf den Plan. Zum einen ist die Section wegen des rituellen Charakters der Tat alarmiert, zum anderen wegen des Tatorts: ein ehemaliges Waisenhaus in den Ardennen, in dem sich bereits ein ähnlicher Fall zugetragen hat.
„Sie erreichte das Gebäude, dessen wahre Größe sich erst aus unmittelbarer Nähe zu erkennen gab und Claudette verblüffte. Als der Lampenstrahl erstmals auf das Gebäude selbst traf, geschah etwas Erschreckendes: Für einen winzigen Augenblick sah es so aus, als würde etwas an dem Strahl zerren, als wäre er stofflich, aus Eisen, und das schattenhafte Haus ein gewaltiger Magnet, der alles Licht an sich riss und in sich verschwinden ließ.“
„Die Martyrien des Emeric Rifaud“ beginnt mit einem außerordentlich dichten und atmosphärischen Prolog um den namengebenden Jungen. Schon dieses düstere Vorspiel zieht den Leser vollkommen in seinen Bann. Auch der Zeitsprung zu der unglücklichen Claudette, die vierzig Jahre darauf in einem Unwetter die Orientierung verliert und sich ausgerechnet in dieses verfluchte Haus verirrt, weiß voll und ganz zu überzeugen. Kompliment auch an Arndt Drechsler, dessen phantastisches Covermotiv Claudettes Ankunft am ehemaligen Éducation et Disposition zeigt.
Agent Onyx kann seinen Freund, Professor Zamorra, überreden, ihn zum Tatort zu begleiten. Mit der Ankunft der beiden in der ehemaligen Schule beginnt Autor Adrian Doyle dann, mit den Zeitebenen zu spielen. Ein Kniff, der sich förmlich aufdrängt und den der Autor kunstvoll zu nutzen weiß. Schließlich passiert beides, Emerics Martyrium und Onyx‘ und Zamorras Ermittlungen, am selben Ort, lediglich getrennt durch die Zeit.
Zusätzlich hat Adrian Doyle noch eine gehörige Überraschung in petto, was eine Figur aus dem Zamorra-Team angeht und was man in einem ‚Fall der Woche‘ absolut nicht erwarten würde. Dies ist einerseits sehr gelungen, wirft bei Licht betrachtet jedoch die Frage auf, warum die Schule erst durch den jüngst geschehenen Todesfall (wieder) das Interesse der Section Spéciale weckt. Angesichts des ansonsten außergewöhnlich stimmungsvollen Romans ist das aber Jammern auf hohem Niveau.
In einer Nebenhandlung kommt Carrie Bird wieder zu Nicole auf Chateau Montagne. Sie hat nun nicht nur die Regenbogenfärbung ihrer Iris verloren sondern auch ihre Teleportationskräfte.
„Die Martyrien des Emeric Rifaud“ ist ein großartiger, kunstvoll aufgebauter Roman, der von den ersten Seiten an fesselt und einen nicht wieder loslässt. Top!