H. G. Wells 5: Der Unsichtbare 1 (Comic)

H. G. Wells 5
Der Unsichtbare 1
(L' Homme invisible 1, 2017)
Adaption: Dobbs
Titelbild und Zeichnungen: Christophe Regnault
Übersetzung: Tanja Krämling
Splitter, 2018, Hardcover, 56 Seiten, 15,80 EUR, ISBN 978-3-95839-501-5

Rezension von Elmar Huber

Ein geheimnisvoller Fremder namens Griffin nimmt an einem stürmischen Februartag Quartier in einer Pension im ländlichen Iping. Den Körper komplett verhüllt, das Gesicht von Bandagen und einer Brille verdeckt, weckt der kontaktscheue Fremde das Misstrauen und die Neugier der Wirtsleute und der Dorfbewohner, die ihn schließlich derart in die Enge drängen, dass die Situation eskaliert und er gezwungen ist, sein Geheimnis preiszugeben. Unter Kleidung und Verbänden ist Griffin komplett unsichtbar.

Hass und Zorn übermannen ihn, er flieht und muss nun als unsichtbares Phantom durch die Gegend streifen. Mit der Unterstützung eines Obdachlosen versucht er, seine Laborgeräte, die in der Pension verblieben sind, wiederzubeschaffen, doch Griffin stößt überall nur auf Angst und Wut.


Für die abschließende Adaption der „H. G. Wells“-Reihe hat Autor Dobbs nochmal in die Vollen gegriffen und ein ungeheuer stimmungsvolles und düsteres Spektakel vorgelegt, das sich optisch unverkennbar beim expressionistischen Film bedient. Schon das erste Panel, in dem Griffin von einer nahen Anhöhe aus auf das verschneite Iping mit seinen windschiefen Häusern heruntersieht, ist an dunkler Vorahnung kaum zu überbieten. Weiterhin ist es von deutlichem Vorteil, dass die Geschichte über zwei Bände erzählt wird und der Autor den Raum hat, erst einmal eine mysteriöse, bedrohliche Stimmung aufzubauen und die Geschichte in einem gemäßigten Tempo zu entwickeln.

Als Leser ist man hin und her gerissen, ob man Griffin Mitgefühl entgegenbringen soll, dessen ‚Gabe‘ ihm offensichtlich kein Glück sondern nur Misstrauen und Ablehnung einbringt, oder ob doch eine Gefahr von dem Fremden ausgeht, der nächtens heimlich die Bettdecke vom Körper der jungen Wirtshausmagd zieht, um sich stumm am Anblick der strammen Brüste zu ergötzen.

Das Klima der Unsicherheit schaukelt sich mit kleinen, rätselhaften Ereignissen weiter auf, so dass Griffin regelrecht aus der Stadt gejagt wird und seine Wut damit wieder neue Nahrung findet. Als Freund in der Not deutet sich der Gemeindearzt Kemp an, der in Teil 2 der Geschichte eine größere Rolle spielen wird.

Für Zeichner Christophe Regnault ist dies offenbar die erste Veröffentlichung, und man kann nur hoffen, dass von dem Mann bald wieder zu hören ist. Dank der erstklassigen Bilder verfügt „Der Unsichtbare“ über eine unfassbar dichte und beunruhigende Stimmung. Wem kürzlich „Shi“ (aus dem Splitter Verlag) gefallen hat, der wird auch hier begeistert sein.

„Der Unsichtbare“ 1 ist eine stimmungsvolle, dichte Adaption mit großartigen Szenen in grandios düsterer Optik.