Roland – Ritter Ungestüm 2 (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Mittwoch, 18. August 2010 11:09

Francois Craenhals
Roland – Ritter Ungestüm 2
Das Nebelhorn/Die heilige Harfe/Das Geheimnis des König Artus
(Chevalier Ardent: La Corne de Brume, F, 1972/La Harpe Sacreé, F, 1973/Le Secret du Roi Arthus, F, 1974)
Aus dem Amerikanischen von Kai Wilksen & Uli Pröfrock
Titelillustration und Zeichnungen von Francois Craenhals
Cross Cult, 2010, Hardcover, 160 Seiten, 29,80 EUR, ISBN 978-3-941248-72-4
Christel Scheja
Wer heute zwischen 30 und 50 ist und als Kind schon gerne Comics gelesen hat, der wird sich sicherlich an die Serie „Roland – Ritter Ungestüm“ erinnern, die Mitte der 1970er Jahre erstmals in Deutschland erschien und auch in viele Jugendbüchereien aufgenommen wurde. Cross Cult hat sich nun dieser klassischen Serie von Francois Craenhals angenommen, der eine ganz eigene Variante der Artus-Sage erzählt. Man mag im ersten Moment zwar Parallelen zu „Prinz Eisenherz“ sehen, aber die verschwinden doch sehr schnell, denn Roland hält sich eher weniger am Hofe des Königs auf und zieht meist auch aus anderen Gründen auf Abenteuerfahrt, als seinem Herrscher zu dienen. Vor allem ist er viel wilder als der Wikinger-Prinz.
In „Das Nebelhorn“ kehrt Roland nach seinen Abenteuern in Ungarn zurück auf sein Lehen Rotteck. Dort muss er erfahren, dass ihn Artus enteignet hat, weil er ohne Erlaubnis sein Land alleine gelassen hat. Der neue Herr ist sein größter Feind, Golo. Und als dann auch noch Gwendolyn, die Tochter des Königs, auftaucht und ihm Vorwürfe macht, hat Roland genug. Jähzornig sagt er sich von allem los und geht. Er zieht sich an den Strand zurück, wo er eine ganze Weile lebt, bis eines Tages ein Schiffbrüchiger an Land gespült wird. Hödr ist ein Wikinger, aber keiner von denen, die man fürchten muss. Das sind eher seine Verfolger, die unter Leitung der heidnischen Priesterin Elli auf der Suche nach ihm sind. Die junge Frau hat eine besondere Macht über Rolands neuen Freund – durch ein Nebelhorn.
Kaum sind diese Abenteuer überstanden, reist Roland mit Hödr nach Irland, da sich dieser bei seinem Bruder niederlassen will. Die beiden landen allerdings mitten in einem schwelenden Konflikt, der immer wieder aufflammt, denn Hödrs Bruder hat den Iren „Die heilige Harfe“ gestohlen und will sie ihnen nicht wiedergeben. Ähnlich verhält sich später seine Witwe Ilona. Roland versucht zu vermitteln, doch die Lage spitzt sich zu, als auch noch Gwendolyn auftaucht, die ihm mit zwei befreundeten Rittern nachgereist ist.
Aus Irland zurück erleben Roland und seine Begleiter eine unangenehme Überraschung, denn am Hof von König Artus ist nichts mehr so, wie alles war, und Prinzessin Gwendolyn ist anwesend ... Der junge Ritter kann nicht verhindern, dass seine Geliebte in den Kerker geworfen wird, aber das treibt ihn mehr als alles andere an, hinter „Das Geheimnis des König Artus“ zu kommen.
Natürlich ist „Roland – Ritter Ungestüm“ eine eher naive Ritter-Abenteuer-Serie, die sehr stark an die romantisierenden amerikanischen Filme aus den 1950er Jahren erinnert und nicht wirklich die geschichtliche Wirklichkeit wiedergeben. Die Storys um den jungen Ritter spielen zwar im Frühmittelalter, wirken aber eher so, als stammten sie aus der Zeit des Hohen Mittelalters. Dementsprechend verkörpern die Ritter auch mehr dessen Ideale – und die, die man ihnen später im 19. Jahrhundert angedichtet hat. Anders als „Prinz Eisenherz“ entspricht der junge Held allerdings nicht dem Ritterideal, sondern ist ein regelrechter Heißsporn, ein junger Mann, der erst einmal in das Fettnäpfchen tappen muss, um zu merken, was gespielt wird und dann mit entfachtem Eifer alles tut, um die Probleme zu lösen, die er sich selbst aufgehalst hat. Das macht ihn vor allem für junge Leser interessant, die seine Verhaltensweisen gut nachvollziehen können. Zudem steht das Abenteuer im Mittelpunkt, weniger seine Beziehungen. Die Liebe zu Gwendolyn, der Königstochter, schimmert zwar immer wieder durch, aber wird niemals erfüllt, so dass die Spannung in diesem Bereich gewahrt und der Held auch immer noch für die Leserinnen und andere Frauen in den Geschichten interessant bleibt.
Auch wenn sich Craenhals nur sehr bedingt an die reale Geschichte hält, so flechtet er doch immer wieder kulturelle Entwicklungen, Denk- und Verhaltensweisen anderer Völker und auch ein wenig Kritik mit ein. Das macht die Storys zu mehr als einem schlichten Abenteuer und gibt ihnen ein wenig Tiefe. Natürlich sind die Geschichten wenig zeitgemäß, da heute alles düsterer und schmutziger sein muss, trotzdem haben sie mehr als einen nostalgischen Wert. Sie zeigen, dass man auch spannende und abwechslungsreiche Geschichten erzählen kann, ohne brutal und zynisch zu werden. Die Zeichnungen von Craenhals tun ihr Übriges dazu. Sie sind sehr detailreich, optisch ansprechend und durchaus dynamisch.
Das macht den zweiten Band von „Roland – Ritter Ungestüm“ nicht nur für die Fans interessant, sondern auch für alle Comic-Leser, die das romantische Mittelalter-Ambiente von Märkten und Live-Rollenspielen sehr mögen.