Gruselkabinett 151: Die Topharbraut, Hanns Heinz Ewers (Hörspiel)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Donnerstag, 10. Oktober 2019 23:14

Gruselkabinett 151
Die Topharbraut
Hanns Heinz Ewers & Marc Gruppe (Script)
Sprecher: Matthias Lühn, Beate Gerlach, Michael Pan u.a.
Titelbild: Ertugrul Edirne
Titania Medien, 2019, 1 CD, ca. 71 Minuten, ca. 8,99 EUR, ISBN 978-3-7857-5999-8
Rezension von Christel Scheja
Hanns Heinz Ewers (1871-1943) führte ein widersprüchliches Leben und schaffte es auch immer wieder mit seinen Werken anzuecken, die für seine Zeitgenossen oftmals als trivial galten, aber auch als unmoralisch und sogar pornographisch. Das merkt man auch seiner erstmals 1907 erschienenen Erzählung „Die Topharbraut“ an.
Wie viele andere hat es Doktor Gerhard Lutz in das quirlige Berlin gezogen um dort zu leben und Karriere zu machen. Der Schriftsteller und Journalist sucht händeringend nach einem bezahlbaren Zimmer und muss schließlich einen Kompromiss eingehen. Seine Wirtin Frau Paulsen kann ihm zwar zwei Zimmer bieten, aber den Wohnraum muss er sich mit seinem Mitbewohner teilen. Da der unauffällige Fritz Beckers ganz angenehm zu sein scheint, lässt er sich darauf ein.
Eine ganze Weile geht das gut, nur „Aenne“, Gerhards Freundin mag Fritz von Anfang an nicht und bricht später sogar die Beziehung zu dem Schriftsteller ab - doch das ist nur die halbe Wahrheit.
Auch wenn die Geschichte harmlos erscheint, sie ist es nicht. Die Sprecher wissen meisterhaft den Subtext in der Betonung ihrer Worte zu transportieren, so dass man schon sehr früh ahnt, dass Fritz Beckers nicht ganz so harmlos ist, wie er zunächst tut. In seiner Stimme liegt immer etwas Lauerndes und Gefährliches. Gerhard Lutz erscheint dagegen wie ein naiver Junge aus der Provinz, der erst nach und nach realisiert, was für ein böses Spiel mit ihm und der Umwelt getrieben wird.
Interessant ist auch die Umsetzung. Die Bell Epoque kommt sehr schön zum Tragen, der Zwiespalt zwischen kleinbürgerlicher Moral und dem Hauch des Verruchten, der doch anziehend auf die Menschen wirkt.
Kommunikation findet in erster Linie direkt oder durch Briefe statt - Menschen schaffen es in der Großstadt tatsächlich, gänzliche anonym zu bleiben. Der Grusel tritt schleichend zutage, vertieft sich erst zum Ende hin. Denn auch wenn es einmal brenzlig wird und der Held ahnen darf, dass seiner Liebsten etwas geschieht, so bekommt er doch erst später Gewissheit und das mit voller Wucht.
Die Umsetzung ist wieder einmal mehr als gelungen. Die Sprecher tragen die Geschichte und werden vor allem durch die atmosphärische Musik und die sparsam eingesetzten Sound-Effekte unterstützt. Der Horror bleibt subtil und darf sich erst richtig im Kopf des Zuhörers entfalten.
Daher weiß auch „Die Topharbraut“, das 151. Hörspiel der „Gruselkabinett“-Reihe zu gefallen, erweckt es doch eine interessante Zeit und ihre bösartigen Auswüchse zum Leben und entfaltet den wahren Horror vor allem subtil und nicht direkt mit dem Holzhammer, was der unheimlichen Atmosphäre und der Spannung sehr zuträglich ist.