Johanna Söllner: SexSüchtig - Bekenntnisse einer Nyphomanin (Buch)

Johanna Söllner
SexSüchtig - Bekenntnisse einer Nyphomanin
Blue Panther Books, 2019, Taschenbuch, 256 Seiten, 9,90 EUR, ISBN 978-3-86277-502-6 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Irene Salzmann

Auch wenn Johanna Söllner wie ein ganz ‚normaler‘ Name klingt, findet man im Internet kaum weitere Angaben, so dass man vermuten darf, dass es sich um ein Pseudonym handelt. Es heißt, die Autorin sei von ihrem Mann und dem Familienleben gezähmt worden und erzähle nun in ihren Büchern von den mehr oder minder fiktiven Erlebnissen, die sie und
Bekannte im Laufe der Jahre hatten.

„SexSüchtig - Bekenntnisse einer Nymphomanin“ ist bislang das einzige unter diesem Namen erschienene Buch der Autorin und schildert in 16 Kapiteln die erotischen Abenteuer der jungen und attraktiven Angie. Eine weitere Story, „Benutzt“, kann kostenlos über den beigefügten Code im Internet abgerufen werden. Und: nomen est omen im Fall dieses Buchs.

 

Angie verliert ihren Job, nachdem sie von ihren Vorgesetzten dabei erwischt wurde, wie sie sich im Büro selbst befriedigte, statt ihre Arbeit zu erledigen. Sie gibt dieser Sucht nach immer wilderen Spielen die Schuld daran, dass sie keine feste Beziehung aufrechterhalten kann und nun auch noch ihre Stelle verloren hat. Doch statt die Konsequenzen zu ziehen und eventuell therapeutische Hilfe zu suchen, nutzt sie die neu gewonnenen Freizeit, um sich erst recht ihren Trieben hinzugeben,

So erinnert sich Angie zunächst, bevor sie zur Tat schreitet, an die vergangenen Jahre, in denen sie schon immer als heißer Feger galt, von Männern umschwärmt wurde und ständig ihre Sex-Phantasien ausleben wollte. Angefangen damit, dass sie als Teenie anhand eines Porno-Videos, das sie ihrem Bruder gemopst hatte, lernt, wie sie geschickt selbst Hand anlegt, um sich Freude zu bereiten. Bis schließlich ein Handlungsreisender ihr für ein nettes Taschengeld und ein tolles Wochenende die Jungfräulichkeit nehmen darf. Und ihr fester Freund nebst Clique unter der Regie von Angies bester Freundin mit ihr eine Erotik-Geburtstagparty feiert.

In dieser Art geht es weiter und weiter. Angie ist unersättlich und holt sich ihre Lover erst aus den Kneipen, dann aus diversen Vermittlungsbörsen, der Firma, letztendlich sogar von der Straße. Vanilla-Sex ist schnell abgehakt, für den Kick muss ihr immer Neues geboten werden, die Spiele werden immer ausgefallener, damit sie Befriedigung findet. Oral, anal, Natursekt, Gruppen-Sex, Voyeurismus/Exhibitionismus, softes BDSM tun es bald nicht mehr.

Angie träumt schließlich von Vergewaltigung und Gangbang - und bekommt, was sie sich wünscht. Es ist zwar nicht das, was sie sich vorgestellt hatte, aber ihr Körper findet dennoch Spaß daran, und selbst als sie dadurch ihren aktuellen Freund vergrault, entdeckt sie gar noch ein weiteres Extrem: die Bestrafung durch Schläge.


Zunächst lesen sich die „Bekenntnisse einer Nymphomanin“ - flüssig und ‚frei Schnauze‘ geschrieben - noch ganz witzig und abwechslungsreich, doch mit jedem Kapitel mehr nerven die selbstverliebten Vergleiche, die sie gegenüber anderen hübschen Frauen mit dem Fazit anstellt, dass sie doch den größeren Busen, das schönere Hinterteil oder was auch immer hat. Hinzu kommt, dass sie an Dingen rührt, die viele als Tabu empfinden, zum Beispiel Inzest, Sex mit anderen Männern trotz einer festen Beziehung beziehungsweise mit dem Freund der besten Freundin, Vergewaltigungsphantasien.

Schon das lässt den Leser bald erkennen, dass die Protagonistin ein gewaltiges Problem hat und in Behandlung gehört, da sie nicht nur sich, sondern auch den Menschen schadet, die sie gern haben und sich um sie sorgen. Tief in ihrem Innern weiß Angie das auch, aber ihr ist das Gehirn zwischen die Beine gerutscht, und von dort aus wird ihr Verhalten gesteuert. Dass sie allein nicht aus dieser Spirale ins Extreme hinaus findet, wird noch deutlicher, als sie ihre Zeit als Arbeitslose für noch mehr Abenteuer nutzt und die Realität total ausblendet, statt einen Weg aus der Misere zu suchen.

Es gibt dann zwar ein Quasi-Happy-End, aber wirklich zur Vernunft kommt Angie auch dadurch nicht. Dieses unverhoffte Glück erscheint eher wie eine vorübergehende Pause, bis wieder ein neuer Kick notwendig wird und die alten Verhaltensmuster durchbrechen.

Jener Leserschaft, der es ausschließlich um die deftigen Schilderungen erotischer Spiele geht, die auch mal über das hinausgehen, was die meisten für sich persönlich wünschen würden, dürfte ein kritisches Hinterfragen der Schilderungen eher nicht in den Sinn kommen. Hauptsache, es geht heiß her, und gut ist.

Mit dieser Einstellung wird man die Storys erbaut runter lesen. Wer hingegen die Inhalte reflektiert, dem könnte das eine oder andere Kapitel zu happig sein.