Carl A. DeWitt: Das Erbe des Greifen (Buch)

Carl A. DeWitt
Das Erbe des Greifen
Fredebold und Fischer, 2008, Hardcover, 636 Seiten, 16,95 EUR, ISBN 978-3-939674-17-7

Christel Scheja

Carl A. DeWitt verarbeitete all seine Erfahrungen und Erlebnisse als Rollenspieler in „Die Krone von Lytar“. Doch damit war die Geschichte noch nicht zu Ende. Nun wird sie in „Das Erbe des Greifen“ fortgesetzt.

Inzwischen gilt das mächtige Reich von Lytar nur noch als Legende, die vielleicht niemals existiert hat. Nur die Bewohner eines kleinen Dorfes, das genau so heißt, wissen durchaus, dass es das Volk und seine Stadt einmal gegeben hat, bis die Götter alles zerstörten. Nur warum das geschah, ist auch ihnen entfallen. Dann aber macht sich Belior von Thyrmantor, ein ehemaliger Kanzler und selbsternannter Herrscher, daran, die verlorene Krone von Lytar zu finden, die ihm die Macht verleihen soll, die ganze Welt zu erobern. Die Bewohner des Dorfes ahnen, dass sie das Vermächtnis ihrer Ahnen nicht in die Hände Beliors und seiner Schergen, die sich der Magie des dunklen Gottes Darkoth bedienen, fallen lassen dürfen.

Deshalb senden sie vier junge Leute aus, um nach den Schätzen der Ahnen zu suchen. Dazu gehören der vorlaute Bogenmacher Gerret, sein Freund, der Holzfäller, Tarlon, die Heilerschülerin und Halbelfe Elyra und nicht zuletzt der Zwerg Argon. Den Vieren gelang es, rechtzeitig heimzukehren, um dabei mitzuhelfen, das Dorf vor einem Angriff Beliors zu verteidigen, aber ihrem eigentlichen Ziel sind sie immer noch nicht näher gekommen. Ausgerechnet die Krone von Lytar ist immer noch verschollen. Da es aber dringendere Dinge gibt, die erledigt werden müssen, gehen die jungen Helden erst einmal auf unterschiedliche Missionen. Garret und Terlin begleiten eine elfische Bardin an die Küste. Diese soll nach Hause reisen und ihr Volk bitten, den Menschen beizustehen. Argor sucht derweil Knorre auf, doch der verrückte Magier bringt ihn ebenfalls in die Küstenstand Berendall. Das ist vielleicht gut so, denn die jungen Leute müssen entdecken, dass auch dieser Ort bereits von den Schergen Darkoths und Beliors unterwandert ist

Und Elyra, die zur Priesterin der Göttin Mistral geworden ist, entdeckt in einem alten Tempel, der lange vor den Augen der Menschen verborgen war, die Gründe, aus denen Lytar einst zerstört wurde ...

Wie „Die Krone von Lytar“ ist auch „Das Erbe des Greifen“ in eine Rahmenhandlung eingebettet, in der ein Barde von einem alten Mann die ganze Geschichte viele Jahre später erzählt bekommt. So ist es für den Autor als allwissender Erzähler möglich, einen gewissen Abstand zu den Ereignissen zu nehmen und deren Bedeutung zu reflektieren. Dabei legt er sehr viel Wert auf Atmosphäre und die Enthüllung der Vergangenheit, so dass der Gegenspieler und seine Schergen zwar als übergeordnete Bedrohung bleiben, aber ausgerechnet diesmal nicht ganz so wichtig sind. Dementsprechend selten sind Action- und Kampfszenen. Zwar müssen sich die Helden mehr oder weniger ihrer Haut wehren, aber wie schon im ersten Roman werden die wahren Herausforderungen eher an ihr moralisches Empfinden, ihre Klugheit und Intuition gestellt und nicht an ihre physische Stärke. Inhaltlich hat sich ebenfalls nicht viel verändert. Die Welt von Lytar verzichtet auf exotisches Brimborium und beschreibt eine klassische Fantasy-Welt mit einem mittelalterlichen Setting, Elfen und Zwergen, die jedoch auch nicht viel anders wirken als die Menschen. Da der Autor aber alles sehr vielschichtig anlegt, auf Details und Entwicklungen achtet, wirkt die Geschichte sehr lebendig, auch wenn ihm der ein oder andere kleine Logikfehler entgeht – wie etwa bei der Beschreibung der Elfen, die im ersten Band noch spitzohrig sind, im zweiten aber nicht mehr. Insgesamt geht es so gemächlich zu wie im ersten Roman. Die Geschichte nimmt sich sehr viel Zeit für alles und braucht lange, um wirklich Spannung zu erzeugen. Auch diesmal gibt es gerade in der Mitte einige Längen.

Alles in allem ist „Das Erbe des Greifen“ ein eher ruhiger Fantasy-Roman, der vor allem durch seine ausgereifte und lebendige Atmosphäre und die sympathischen Figuren punkten kann, die auch die sehr klassisch verlaufende Handlung ein wenig aufwerten und ihn aus der Masse gleichartiger Romane hervorheben.