C. L. Polk: Witchmark - Die Spur der Toten (Buch)

C. L. Polk
Witchmark - Die Spur der Toten
(Witchmark, 2018)
Übersetzung: Michelle Gyo
Hobbit Presse, 2019, Paperback, 382 Seiten, 16,00 EUR, ISBN 978-3-608-96395-3 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Karl E. Aulbach

C. L. Polk ist eine amerikanische Autorin, die mit „Witchmark - Die Spur der Toten“ ihren Debüt-Roman vorgelegt hat. Bisher ist sie nur durch einige Kurzgeschichten und ihre Webserie „Shadow“ aufgefallen.

Zunächst stellt man fest, dass die Autorin ihren Romanhintergrund sehr eng gewählt hat.

Protagonist der Erzählung ist Miles Singer, der als Psychiater in einem Veteranenhospital arbeitet. Seine Sicht vermittelt dem Leser die Handlung; es gibt also keine Einblendungen, weitere Handlungsebenen etc. Dies gibt der Geschichte in Verbindung mit einem gut gesetzten Spannungsbogen eine stringente Gestalt mit Pageturner-Qualitäten. Sehr schön sind einige der gut ausgearbeiteten Details wie zum Beispiel das eigene Kalendersystem, hinter dem wirklich auch viele Überlegungen stecken und die dem Buch eine besondere Note geben.

Die Hintergrundwelt ist viktorianisch geprägt und in Bezug auf die Lebensverhältnisse wohl mit Großbritannien zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu vergleichen - mit Aether als Stromquelle, Fahrrädern und den ersten Autos, die noch Luxusware sind. Es gibt Magie, die aber nur von den höchsten Adelsklassen ausgeführt wird, deren Hauptaufgabe es ist, im Verbund der Magier das Klima des Landes zu regulieren. Magier jenseits dieser Klasse werden abfällig als Hexer bezeichnet und in Sanatorien gesteckt.

Miles hat selbst solche Hexerfähigkeiten und lebt in ständiger Angst, entdeckt zu werden. Diese Furcht steigt, als er bei vielen Kriegsheimkehrern geistige Veränderungen wahrnimmt, die sie unter Umständen zu Amokläufern machen. Schließlich wird Miles, nur nicht öffentlich, enttarnt von Tristan Hunter, der sich später als eine Art Feenwesen aus einem Nachbarreich herausstellt, das herausfinden soll, weshalb der Seelenstrom der Verstorbenen aus Aeland abreißt. Tristan führt Miles einen Patienten zu, der angibt, ermordet worden zu sein, ehe er verstirbt. Die beiden arbeiten nun zusammen an der Aufklärung und entwickeln ein homoerotisches Verhältnis.

Ein Ausflug in die Welt des Adels führt in die politischen Hintergründe der Geschichte ein. Die Erzählung, die sehr gut und spannend läuft, endet dann recht überraschend mit einem Paukenschlag, der hier nicht verraten werden soll.

Das überstürzte Ende lässt sich mit der bisherigen Tätigkeit der Autorin im Kurzgeschichtenbereich begründen. Erst im Nachhinein entdeckt man, dass es eine Fortsetzung geben soll, die allerdings im Original erst für 2020 erwartet wird, „Stormsong“. „Witchmark - Die Spur der Toten“ kann allerdings auch in der vorliegenden Form als in sich abgeschlossen betrachtet werden.

Ohne Vorurteile breittreten zu wollen, kann man feststellen, dass sich die Autorin mit dem homosexuellen Bezug einen breiten Teil der Zielgruppe der Romance-Fantasy-Leser verschließen wird, auch weil sie dieser Part sehr gefühlsarm darstellt. Diese Gefühlsarmut zeigt sich auch in anderen Szenen, zum Beispiel zwischen Miles und seinem Vater oder, in schwächerer Form, zwischen Miles und seiner Schwester.

Die Autorin ist voll im Zeit-Trend, was allerdings auf der Schattenseite auch bedeutet, dass man auf tiefergehende Ausführungen oder Überlegungen zu den großen Themen wie zur Seele oder auch über die Liebe vergeblich wartet. Sehr schade, weil es dann ein wirklich großer Roman hätte werden können.
Mit diesen Einschränkungen ist „Witchmark - Die Spur der Toten“ dennoch ein ansprechendes, eigenständiges Werk, das eine Autorin mit gutem Entwicklungspotential vorstellt.