Ludwig Anton: Brücken über dem Weltenraum (Buch)

Ludwig Anton
Brücken über dem Weltenraum
Verlag Dieter von Reeken, 2019, Paperback, 242 Seiten, 17,50 EUR, ISBN 978-3-945807-45-3

Rezension von Carsten Kuhr

Das Deutsche Reich stöhnt nicht nur unter der Niederlage des Krieges. Der Schandvertrag vor Versailles lässt Land und Bevölkerung ausbluten. Als drei deutsche Militäroffiziere eine bahnbrechende Erfindung machen und diese im Kriegsministerium vorstellen, winkt der Herr Minister nach außen hin ab. Er ahnt, dass das revolutionäre Wissen von den Besatzungsmächten gestohlen und allenfalls zur weiteren Knechtung des unterlegenen Volkes verwandt würde.

Ein nach Amerika ausgewanderter Multi-Millionär finanziert die weitere Forschung, die letztlich auf einer vor Südamerika liegenden Insel zum Bau eines revolutionären Schiffes führt. Dieses durchstreift, die Erdanziehungskraft trotzend, die Weiten des Himmels ebenso wie die Tiefen der Meere. Schließlich machen sich die Deutschen auf in die Ferne des Alls. Auf der Venus soll eine neue Kolonie gegründet, und mittels den teutonischen Tugenden zum Erfolg geführt werden.

 

1922 verfasste der österreichische Jude Sigmund Krauss unter seinem Pseudonym Ludwig Anton vorliegenden Roman. Dass dieser 1932 auch ins Englische übersetzt und in den USA veröffentlicht wurde ist mehr als bemerkenswert, präsentiert sich der Autor doch als vehementer Anhänger deutscher Tugenden. Da wird gegen den Versailler Friedensvertrag gewettert, gegen Reparationszahlungen und der Auskernung Deutschlands, dass die rechten Parteien, damals wie heute, ihre Freude hätten.

Was den Roman dann aber aus den sonst aus dieser Zeit bekannten Veröffentlichungen hervorhebt ist, dass der Autor seine Weltraumfahrer nicht etwa mittels gigantischer Kanone auf Fahrt entsendet, sondern uns eine glaubwürdige Entwicklung einer neuen Technologie, die letztlich zur Eroberung des Weltraumes führt, präsentiert.

Die erste Hälfte des Romans ist dieser in sich glaubwürdigen Entwicklung gewidmet und erinnert fast ein wenig an die Handlungsabläufe aus P. A. Müllers Reihen. Wir begegnen jungen Menschen mit einer Mission - ihrem Vaterland zu dienen und mit viel Fleiß und Ingenieurskunst Neuland zu betreten.

Dabei verstört der übersteigerte Patriotismus, die kritiklose Verherrlichung des Krieges als politisches Mittel ebenso wie der Rassismus und die Verachtung für andere „Rassen“, die aus dem Text sprechen. Auch auf der Venus angekommen, lassen unsere wackeren Weltraumfahrer gleich wieder die Waffen sprechen - anscheinend das einzig probate Mittel, um anderen zu begegnen.

Demgegenüber steht die Schilderung einer Weltraumfahrt, die für die damalige Zeit ungewöhnlich realistisch die Auswirkungen der Schwerelosigkeit thematisiert; hier hat der Autor, ähnlich wie bei der Schilderung der Entwicklung des Fahrzeugs selbst, ungewöhnlich Prophetisches geleistet.

Erfreulicherweise hat sich der Verlag dazu entschlossen, der Neuveröffentlichung die wunderbar stimmigen Illustrationen der US-Edition beizugeben.

So ist dieses Buch ein Zeitzeugnis, aber auch ein Roman, der sich heute noch interessant und kurzweilig liest.